Grunderwerbsteuer:Immobilienboom im Finanzamt

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Die Länder erwarten für 2016 Rekordeinnahmen durch die Grunderwerbsteuer. Doch die hohen Sätze erschweren es etwa Familien, ein Eigenheim zu kaufen. Bei Mietern kommt die Steuer indirekt an.

Von Benedikt Müller, München

Der Boom auf den Wohnungsmärkten beschert den Bundesländern in diesem Jahr Rekordeinnahmen bei der Grunderwerbsteuer. Alleine im ersten Halbjahr haben die Länder 6,7 Milliarden Euro mit der Steuer eingenommen. Das sind 16 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Für das gesamte Jahr 2016 erwartet das Bundesfinanzministerium nun, dass die Grunderwerbsteuer den Ländern erstmals mehr als zwölf Milliarden Euro einbringen wird. Damit hat sich das Aufkommen innerhalb von nur fünf Jahren verdoppelt.

Grunderwerbsteuer muss zahlen, wer ein Grundstück, ein Haus oder eine Eigentumswohnung kauft. Je nach Bundesland beträgt der Steuersatz zwischen 3,5 und 6,5 Prozent des Kaufpreises. Die Einnahmen sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen, weil mehr Immobilien verkauft wurden - und zwar zu höheren Preisen als in den Vorjahren. Gleichzeitig haben die meisten Länder den Steuersatz angehoben: Nur in Bayern und Sachsen beträgt er noch jene 3,5 Prozent, die bis zum Jahr 2006 bundesweit vorgeschrieben waren. Seitdem darf jedes Bundesland die Grunderwerbsteuer frei festlegen. Der Bund hatte sich davon mehr Steuerwettbewerb und niedrigere Sätze erhofft. Doch bislang gab es ausschließlich Erhöhungen, bis hin zu 6,5 Prozent, die unter anderem in Nordrhein-Westfalen fällig werden.

Hohe Grunderwerbsteuern sind umstritten, weil sie es Mietern schwerer machen, zu Eigentümern zu werden. Wer einen Baukredit aufnehmen will, kann Kaufnebenkosten wie die Grunderwerbsteuer für gewöhnlich nicht mitfinanzieren. Immobilienkäufer müssen die Steuer stattdessen aus ihrem Ersparten zahlen - zusätzlich zu dem Eigenkapital-Anteil, den Banken verlangen.

Der Bund der Steuerzahler und der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) kritisieren die Steuer daher als Preistreiber auf dem Immobilienmarkt. "Es kann nicht sein, dass Länder und Kommunen über immer höhere Grunderwerbsteuern ihre klammen Kassen füllen und das Wohnen für die Menschen immer teurer machen", sagt BFW-Präsident Andreas Ibel. "Der Erwerb von Wohneigentum und die Bildung einer Altersvorsorge ist dadurch für viele Menschen nicht mehr möglich."

Hohe Kaufnebenkosten verteuern den Neubau, belasten also auch die Mieter

Seit fünf Jahren steigen die Immobilienpreise vor allem in Ballungsgebieten schneller als die durchschnittlichen Einkommen der Menschen. Wer weiterhin die üblichen 20 Prozent des Kaufpreises als Eigenkapital mitbringen und bis zu 6,5 Prozent Grunderwerbsteuer zahlen muss, braucht somit immer größere Ersparnisse, um ein Eigenheim kaufen zu können.

Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat zuletzt vorgerechnet, dass die Kaufnebenkosten hierzulande deutlich höher sind als in anderen europäischen Staaten. Gleichzeitig ist der Anteil der Menschen, die in einer eigenen Immobilie wohnen, in Deutschland besonders niedrig. Selbst in den vergangenen Jahren, in denen die Bauzinsen auf ein historisches Tief gesunken sind, stieg die Wohneigentumsquote dem IW zufolge nur unter wohlhabenden Haushalten.

Hinzu kommt, dass hohe Grunderwerbsteuern auch den Neubau von Mietwohnungen verteuern, zumal die Steuer oft mehrfach erhoben wird. Wenn beispielsweise ein Projektentwickler ein Baugrundstück kauft, wird die Steuer zum ersten Mal fällig. Hat er es bebaut und verkauft das fertige Gebäude, kassiert das Land zum zweiten Mal.

Längst kritisieren auch Bundespolitiker, dass die meisten Länder den Erwerb von Wohneigentum durch hohe Grunderwerbsteuern verteuern. "Damit muss Schluss sein", sagt Jan-Marco Luczak, Obmann der Unionsfraktion im Bundestagsausschuss für Recht und Verbraucherschutz. Der CDU-Wohnungspolitiker regt an, Familien einen Freibetrag beim Grunderwerb in Höhe von 100 000 Euro zu gewähren, der mit jedem weiteren Kind steigen könnte.

Doch bislang können sich die Länder nicht auf Erleichterungen einigen. Denn die Grunderwerbsteuer ist die einzige Steuer, deren Höhe sie selbst bestimmen - und deren Einnahmen sie komplett behalten dürfen. Zwar setzt sich das Land Hessen dafür ein, den Steuersatz für private Immobilienkäufer zu senken, wenn gleichzeitig vorhandene Schlupflöcher für Unternehmen geschlossen werden. Doch noch ist nichts beschlossen; andere Länder erhöhen die Grunderwerbsteuer munter weiter: Zum neuen Jahr steigt der Satz etwa in Thüringen von fünf auf 6,5 Prozent.

© SZ vom 28.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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