Greenpeace gegen Danzer:Verschlüsselte Preise

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Die Umweltschutzorganisation wirft dem Holzkonzern Steuerhinterziehung im Kongo vor - die Manager des Familienunternehmens fühlen sich verleumdet.

Judith Raupp

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace erhebt schwere Vorwürfe gegen den Holzkonzern Danzer. Er habe die Demokratische Republik Kongo und die Republik Kongo in den Jahren 2000 bis 2006 um Steuereinnahmen von 7,8 Millionen Euro gebracht. Danzer betreibe ein "aufwendiges System der Steuerhinterziehung und der Verschiebung von Gewinnen", sagt Oliver Salge von Greenpeace.

Regenwald im Osten Kongos: "Gerüchte, Verleumdungen, Halbwahrheiten." (Foto: Foto: dpa)

Die Umweltschutzorganisation hat mit Steuerexperten einen Bericht über den Fall verfasst, der am Mittwoch in Zürich vorgestellt wurde. Olof von Gagern, bei der Danzer Group für Afrika zuständig, bestreitet die Vorwürfe. Er beschuldigt Greenpeace, "mittels Gerüchten, Verleumdungen und Halbwahrheiten" Danzers Ruf schädigen zu wollen.

Danzer ist ein schwäbisches Familienunternehmen mit Sitz in Baar in der Schweiz. Es erwirtschaftet mit 4700 Mitarbeitern einen Umsatz von 420 Millionen Euro. Der Gewinn ist unbekannt. Danzer ist seit 1972 im Kongobecken tätig. Der Konzern betreibt dort ein Furnierwerk und zwei Sägewerke, er ist einer der wichtigsten ausländischen Investoren.

Greenpeace wirft dem Unternehmen vor, die afrikanischen Tochterunternehmen Société Industrielle et Forestière du Congo (Siforco) und Industrie Forestière d'Ouesso (Ifo) würden Holz aus dem Kongo unter dem Marktpreis an die Interholco in der Schweiz verkaufen. Interholco ist ebenfalls eine Danzer-Tochter. Siforco habe das Holz durchschnittlich um 35 Prozent, Ifo um 13 Prozent zu billig fakturiert. Die Differenz zum Marktpreis habe Danzer auf europäische Konten transferiert. Es sei unklar, welchem Zweck diese Konten dienten.

Hohes Risiko

Greenpeace beruft sich auf interne Unterlagen von Danzer, die der Umweltschutzorganisation zugespielt worden seien. Dabei handelt es sich unter anderem um Geschäftspläne von 2002 bis 2006, um interne Listen von 2007, die den internen Verrechnungspreis und den Anteil aufführen, der auf die Europa-Konten fließt, sowie um interne Korrespondenz.

So zitiert Greenpeace aus einem Brief aus dem Jahr 2002, in dem ein Ifo-Manager einen Interholco-Manager erinnert, er möge den echten Preis verschlüsseln, indem er ihn neben die Auftragsnummer ohne die Einheit Euro schreibe. Sonst erkenne "der dümmste Norweger", welcher Preis tatsächlich bezahlt werde. Norweger gilt als Umschreibung für das rassistische Wort "Neger".

Greenpeace führt zudem ein Memorandum aus dem Jahr 2003 an, das die Wirtschaftsprüfer von PricewaterhouseCoopers an den Aufsichtsrat geschrieben hatten. Die Prüfer wiesen darauf hin, dass sie nicht alle Details der konzerninternen Transaktionen nachvollziehen könnten. Es sei möglich, dass manche nicht mit den örtlichen Gesetzen im Einklang seien. Pricewaterhouse-Coopers sei nicht in der Lage, ein mögliches Risiko für die Danzer-Gruppe abzuschätzen.

Lesen Sie im zweiten Teil, wie Danzer die umstrittenen Transaktionen rechtfertigt - und wieso sich die Entwicklungsländer gegen derartige Aktionen nicht wehren können.

Danzer-Mann Gagern argumentiert, ein solches Memorandum sei nichts Ungewöhnliches, da Wirtschaftsprüfer "sehr vorsichtige Leute" seien. Er erinnert daran, dass in der Demokratischen Republik Kongo lange Zeit Bürgerkrieg und hohe Inflation geherrscht hätten: "Da ist es schwierig, Bewertungsansätze eindeutig festzustellen und absolute Klarheit über die Gesetze zu erlangen."

Gagern räumt ein, dass für die afrikanischen Tochtergesellschaften Auslandskonten in Europa existieren. Sie würden genutzt, um Dienstleistungen oder Investitionsgüter zu bezahlen, die es in Afrika nicht gebe und die in Europa eingekauft werden müssten.

Zur Verrechnung des Holzes aus dem Kongo sagt Gagern: "Die Preise schwanken so stark, dass es kaum möglich ist, einen allgemeingültigen Marktpreis festzulegen. Wir beziehen in die Preisgestaltung die notwendigen Dienstleistungen ein, die Interholco für die afrikanischen Gesellschaften erbringt." Die Preise würden nicht mehr verschlüsselt. Man habe das im Krieg gemacht, um die Firma vor Begehrlichkeiten im Kongo zu schützen. In den letzten zehn Jahren sei zwei Mal in Afrika Gewinn erzielt worden. Seit 2003 habe Danzer dort zehn Millionen Euro Steuern und Abgaben bezahlt.

Über konzerninterne Preise gebe es oft Streit zwischen den Firmen und dem Finanzamt, erzählt eine Buchprüferin. Die Unternehmen berechneten die Preise so, dass Gewinne möglichst in Niedrigsteuerländern anfielen. Dies sei erlaubt. Aber man müsse sich an die Vorgaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung halten. Diese besagen, dass die internen Preise nicht zu stark vom Preis abweichen dürfen, den man einer fremden Firma berechnen würde. Es ist die Aufgabe des Finanzamtes, diesen Spielraum zu prüfen und gegebenenfalls einzuschreiten.

Mehr Transparenz gefordert

Genau das sei das Problem für viele Entwicklungsländer, sagt Bruno Gurtner, Präsident des Tax Justice Network, das sich für gerechte Steuern einsetzt. Die armen Länder hätten nicht die Kapazität, um missbräuchliche Verrechnungspreise aufzuspüren. Sie seien die Verlierer. Steuerparadiese wie die Schweiz profitierten dagegen. Fast zwei Drittel des weltweiten Handels spielen sich laut Gurtner konzernintern ab. Nach Schätzungen entgehen den Staaten so jährlich 600 Milliarden Dollar an Steuern. Allein in Afrika würden 60 Prozent des Handels mit falschen Verrechnungspreisen getätigt. Die Länderberichterstattung in den Konzernen müsse endlich transparent gestaltet werde, fordert Gurtner.

Transparenz von Danzer fordern auch der WWF und die KfW. Der WWF berät Danzer, wie der Konzern für sein Holz aus dem Kongo das Zertifikat des Forest Stewardship Council bekommen kann. Dazu muss Danzer unter anderem korrekte Steuerzahlungen nachweisen. Die KfW prüft, ob sie die Zertifizierung mit 1,6 Millionen Euro fördern will. Nach den Greenpeace-Vorwürfen verlangen KfW und WWF eine Prüfung durch externe Berater. Danzer hat dies zugesagt.

© SZ vom 31.07.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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