Gillette:Messerscharfe Strategie

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Wilkinson stellte billige Klingen her, die auf Gillette-Rasierer passten. (Foto: imago)

Billige Konkurrenz darf nicht sein: Der Patentstreit um Rasierklingen mit der Firma Wilkinson geht in die nächste Runde.

Von Benedikt Müller, Düsseldorf

Es war ein Angriff auf ein geschicktes Geschäftsmodell: Im harten Wettbewerb um die Gunst der Männer brachte das Unternehmen Wilkinson Sword günstige Ersatzklingen für einen Nassrasierer des Konkurrenten Gillette auf den Markt. Die Kunden profitierten zwar vom Wettbewerb auf dem "Mach 3": Die Wilkinson-Klingen waren im Einzelhandel bis zu 30 Prozent günstiger als die Originale. Doch Gillette hat die Nachahmer verklagt: Sie verletzten Patente, die Gillette vor Jahren für seine austauschbaren Klingen angemeldet hatte.

Am Donnerstag hat vor dem Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf das Berufungsverfahren begonnen. Darin ließ die Richterin Ulrike Voß zwar erkennen, dass die Nachahmer-Klingen verboten bleiben dürften. Dass die Hersteller den Streit überhaupt in diese höhere Instanz getragen haben, überrascht allerdings. Denn schon im Februar 2018 wird Gillettes Patent auslaufen. Spätestens dann droht dem Marktführer Konkurrenz auf seinem "Mach 3".

Für Gillette haben die Patente Vorteile: Solange die Kunden keine preiswerten Ersatzklingen kaufen können, bindet das Unternehmen Gillette die "Mach 3"-Nutzer an sich. Sie müssen regelmäßig Original-Klingen kaufen, wenn ihr Rasierer nicht abstumpfen soll; alternativ müssten sie gleich einen neuen Nassrasierer eines anderen Herstellers kaufen. So kann der Marktführer eine Quer-Subventionierung anstreben: Er kann den Handgriff recht günstig halten, wenn er davon ausgehen kann, dass der Kunde regelmäßig Klingen kaufen wird, die das Unternehmen mit einer gewissen Marge verkaufen kann.

In dem Patenstreit hatte das Landgericht Düsseldorf Gillette in einem Eilverfahren im Juli recht gegeben. Seitdem darf Wilkinson seine Ersatzklingen weder produzieren noch vertreiben. Die Drogerie-Ketten und Supermärkte dürfen ihre Lagerbestände allerdings abverkaufen. Mancherorts sind die günstigen Klingen daher noch immer erhältlich. Beworben werden sie mit der Aufschrift "passend für Gillette Mach 3". Fünf Handelsketten hatten die Ersatzklingen unter Eigenmarken in die Märkte gebracht, also nicht als Wilkinson-Markenware. Damit haben sie sich beim Gillette-Mutterkonzern Procter & Gamble übrigens nicht beliebt gemacht. Der Konsumgüter-Konzern aus den USA verhandelt regelmäßig mit dem Einzelhandel über die Preise seiner vielen Produktgruppen von Waschmittel bis Zahnpasta.

Bei der Verhandlung am Donnerstag regte die Richterin zunächst einen Vergleich an. "Wir können gerne Urteile für die Galerie schreiben", sagte Voß, "aber ob das wirklich sinnvoll ist?" Schließlich waren die Nachahmer-Klingen nur wenige Monate auf dem Markt, bevor Gillette die einstweilige Verfügung erwirkt hat. Zuvor sei jahrelang niemand gegen das Patent des Marktführers vorgegangen. "Beträchtliche Schadenersatz-Ansprüche dürften nicht entstanden sein", so die Richterin.

Doch die Konkurrenten haben "extrem verschiedene" Vorstellungen über eine mögliche außergerichtliche Einigung, sagte der Anwalt von Procter & Gamble am Donnerstag. Dazu scheint er einfach zu hart, der Wettbewerb um die Gunst der Männer. Sein Urteil will das OLG am 11. Januar verkünden.

© SZ vom 22.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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