Gewerkschaftstag:Schröder wirbt bei IG Metall für Reformkurs

Lesezeit: 1 min

Unter vereinzelten Pfiffen der 600 Delegierten sagte der Kanzler: "Wir müssen unsere sozialen Sicherungssysteme verändern, um sie zu erhalten." Zudem bekannte er sich zur Tarifautonomie.

Von Jonas Viering

(SZ vom 16.10.2003) - Der Bundeskanzler sagte: "Das freie Aushandeln durch Gewerkschaften und Arbeitgeber hat sich für Deutschland gelohnt." Schröder mahnte aber auch, die Tarifparteien seien "in alleiniger Verantwortung, das, was an Problemen aufgetreten ist, in eigener Autonomie zu regeln".

Zum Streit über eine Ausbildungsabgabe sagte er, mehr Lehrstellen könnten "primär durch Freiwilligkeit" angeboten werden. Komme die Wirtschaft ihrer "Pflicht zur Ausbildung" nicht nach, würden aber auch Gesetze nötig. Applaus bekam er dafür nicht.

Verhaltene Reaktion der Metaller

Der oberste Tarifpolitiker der IG Metall, Vize-Chef Berthold Huber, reagierte zurückhaltend. "Die entscheidende Frage ist doch, ob das Freiheitsrecht der Gestaltung durch Tarifverträge im politischen Geschacher des Bundesrats geopfert wird."

Hierzu habe der Kanzler keine Aussage gemacht. Die Union fordert, die Gewerkschaften bei betrieblichen Abweichungen vom Flächentarif gesetzlich auszuschalten. Huber räumte ein, dass das Verhältnis zwischen Betrieben und Flächentarif weiter entwickelt werden müsse.

Offiziell sah die IG Metall bisher keinen Grund, Veränderungen des Tarifsystems mit den Arbeitgebern zu vereinbaren. Unter Delegierten des Bezirks Nordrhein-Westfalen hieß es, vielleicht müsse hier aus den Verwaltungsstellen der Anstoß kommen. Allerdings liegen die Vorstellungen von Gewerkschaft und Arbeitgebern noch weit auseinander.

Im Streit über eine Ausbildungsabgabe will die IG Metall die Initiative ergreifen. Sie will nun tariflich eine Steigerung des Angebots an Lehrstellen vereinbaren, heißt es in einem Antrag. Dies soll jedoch nicht eine gesetzliche Ausbildungsumlage ersetzen. In der Metall- und Elektro-Industrie bilden bereits heute 80 Prozent der Betriebe aus, in der gesamten Wirtschaft sind es 24 Prozent.

Branchenfonds für ausreichend Lehrstellen angedacht

Deshalb müsse sichergestellt werden, dass auch die nicht vom Tarifvertrag der Metaller erfassten Unternehmen ausbilden, sagte der Leiter der tarifpolitischen Abteilung, Armin Schild. Gedacht ist an einen Branchenfonds, in den Unternehmen einzahlen, die zu wenig ausbilden. Damit soll zusätzliche Ausbildung finanziert werden.

Auch im Konflikt um die Rente mit 67 will die IG Metall einen Vorstoß machen. Eine Erhöhung des Rentenalters lehnt sie ab, zugleich nennt aber ein am Mittwoch eingereichter Antrag die Zahl von 45 Arbeitsjahren vor Beginn der Rente. Diese Zahl war auch in der Herzog-Kommission der Union genannt worden, hier aber nicht als Alternative, sondern ergänzend zur Rente mit 67.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: