Gewerbekunden und ihre Profile:Unternehmerische Kompetenz statt Sicherheiten

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Zwischen Kreditinstituten und Leasinggesellschaften herrschten bisher Berührungsängste. Jetzt entdeckt man die Chancen.

Reinhold Müller

So manche Konsequenz von "Basel II", also den neuen Eigenkapital-Bedingungen bei der Kreditvergabe, brachte in den vergangenen Jahren Bewegung in die Wirtschaftswelt. Beispielsweise die befürchteten Auswirkungen auf die Finanzierungsmöglichkeiten des Mittelstandes.

Folgen hat Basel II aber keineswegs nur für die Nachfrager nach Finanzierungsdienstleistungen. Die Anbieterseite ist ebenso betroffen. Dort zeichnen sich erste strukturelle Anpassungen ab. Insofern wächst sogar zusammen, was bislang gar nicht so recht zusammengehören wollte, nämlich das Leasing- und das Kreditgeschäft.

Einst marschierten Kreditinstitute und Leasinganbieter vorzugsweise strikt getrennt. Meist sahen sie sich gar als Konkurrenten am Markt, und das obwohl viele Leasinggesellschaften Ableger von Banken waren.

Das lag am unterschiedlichen Denkansatz, mit der diese beiden Finanzdienstleister ihr Geschäft bisher betrieben. Kreditinstitute stellen traditionell ausschließlich Liquidität zur Verfügung und achteten daher bisher vor allem auf die finanzielle Bonität ihrer Kunden.

Genau deshalb konnte das "Häuschen von Oma" einem Jungunternehmer als Sicherheit für einen Kredit dienen, damit er sein Glück in einer eigenen High-Tech-Schmiede suchen konnte.

Anderer Denkansatz

Leasinggeber sind es dagegen gewohnt, völlig anders zu denken. Schließlich verleihen sie kein Geld, das sie zu einem späteren Zeitpunkt mit Zins und Zinseszins zurückhaben wollen. Vielmehr kaufen sie im Auftrag und nach den Vorgaben ihrer Kunden Wirtschaftsgüter, dies aber auf eigene Rechnung.

Diese Investitionsobjekte stellen sie den Leasingnehmern für eine vertraglich fixierte Zeitspanne zur Verfügung, um sie so in die Lage zu versetzen, damit Ertrag zu erwirtschaften. Daraus sollen nicht zuletzt die vereinbarten Leasingraten bezahlt werden.

Aus diesem im Vergleich zu Banken ganz anderem "Geschäftsmodell" ergibt sich automatisch auch eine ganz andere Sichtweise auf den Kunden. Ob der ein dickes Aktiendepot besitzt, über eine schicke Villa verfügt, oder ob er unzweifelhafte Bürgen beibringen kann, ist für eine Leasinggesellschaft zweitrangig.

Sicherheiten braucht sie eigentlich gar nicht, da sie ja ohnehin rechtlicher Eigentümer des von ihr finanzierten Leasingguts bleibt. Entscheidend ist für sie, dass ihr Kunde mit dem zur Verfügung gestellten Leasinggut tatsächlich wirtschaftlich erfolgreich ist.

Kriterium: Effizienz der Produktionsmittel

Außerdem sollte das Leasingobjekt am Ende der Leasingzeit noch möglichst werthaltig sein, damit es ertragreich weiter vermarktet werden kann. Aus diesem Grund interessieren sich Leasinggesellschaften schon immer weit mehr als Banken für die unternehmerische Kompetenz ihrer Kunden, für deren Märkte und für die Effizienz ihrer Produktionsmittel.

Ein solch umfassendes "Rating" fordert "Basel II" künftig jedoch auch den Kreditinstituten ab, um so den Risikogehalt ihres Kreditportfolios und damit den Eigenkapitalbedarf besser abschätzen zu können. Das Problem der Banker: Das dafür notwendige Objekt-Know-how haben sie im Gegensatz zu den Leasinggesellschaften nie aufgebaut.

Dennoch werden die Kundenberater der Kreditinstitute neuerdings von ihren Chefs angehalten, Leasing als Finanzierungsalternative zum Kredit zu offerieren.

Mancher Vertreter der Leasingbranche, der von seinen Banker-Kollegen früher eher abschätzig betrachtet wurde, verkneift sich jetzt wohl nur deshalb seine Schadenfreude, weil sich für ihn neue Geschäftschancen auftun. Denn die Leasingspezialisten mutieren zu Experten in Sachen Objektfinanzierung. Dies sogar dann, wenn es formal um ein Kredit- und nicht um ein Leasinggeschäft geht. "Strukturierte Finanzierungen" nennt man das gerne.

© SZ vom 23.2.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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