Gesellschafterbeschluss:DaimlerChrylser erzwingt Verkauf von MTU

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Nach monatelangem Streit hat der Mehrheitsaktionär DaimlerChrysler den Verkauf des Dieselmotorenbauers MTU Friedrichshafen erzwungen.

Dagmar Deckstein

Die außerordentliche Gesellschafterversammlung habe ein Liquidationsverfahren beschlossen, um das Unternehmen als Ganzes an einen Investor zu verkaufen, teilte ein DaimlerChrysler-Sprecher in der Nacht zum Freitag mit. Der zwischenzeitlich gestoppte Verkauf werde sofort neu begonnen.

Arbeit an einem Großdieselmotor bei MTU Friedrichshafen. (Foto: Foto: ddp)

DaimlerChrysler hält 88 Prozent an MTU. Am Donnerstagnachmittag waren die Unterhändler des Konzerns und der Eigentümerfamilien Breidenbach-Zeppelin sowie Schmid-Maybach zu einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung zusammengekommen. Ein Schlichtungsgespräch am Mittwoch war gescheitert.

Beobachter erwarten, dass die Familiengesellschafter gegen den jüngsten Beschluss klagen werden. Bei der Abstimmung enthielt sich Irmgard Schmid-Maybach, die rund 2,4 Prozent der Anteile repräsentiert. Die Familien halten insgesamt knapp zwölf Prozent an MTU Friedrichshafen.

Geschäftsführer zu Liquidatoren ernannt

Als Liquidatoren, die den Veräußerungsprozess leiten, wurden die MTU-Geschäftsführer von der Gesellschafterversammlung ernannt.

Schon vor Tagen hatte DaimlerChrysler angekündigt, mit einer komplizierten Finanztransaktion das Vetorecht der Familiengesellschafter aushebeln zu wollen. Durch einen so genannten Asset-Deal sollten alle Vermögenswerte des Unternehmens mit Hilfe der Stimmenmehrheit von DaimlerChrysler in eine neue Firma überführt werden.

Am Mittwoch hatte das Landgericht Ravensburg die Vetorechte der Familien zwar prinzipiell bestätigt, nach Auffassung von DaimlerChrysler jedoch das Liquidationsverfahren als Verkaufslösung gebilligt.

"Keine Zerschlagung"

Der Konzern sei zuversichtlich, aus einem möglichen Rechtsstreit als Sieger hervorzugehen, sagte der Sprecher. Eine Zerschlagung von MTU Friedrichshafen werde es auf keinen Fall geben. DaimlerChrysler stellt den Motorenbauer zum Verkauf, um sich auf sein Kerngeschäft Automobilbau zu konzentrieren.

Die Familien hatten auch versucht, die Gesellschafterversammlung gerichtlich überhaupt verbieten zu lassen, was aber scheiterte. Nach früheren Aussagen des scheidenden DaimlerChrysler-Chefs Jürgen Schrempp sollte der Verkauf bis Ende dieses Jahres abgeschlossen sein und dem Autokonzern mindestens eine Milliarde Euro einbringen.

DaimlerChrysler hatte stets eine industrielle Lösung favorisiert, das heißt, MTU Friedrichshafen am liebsten an den Mischkonzern MAN verkauft. Dagegen hatten die Familiengesellschafter ihr Veto eingelegt, worauf sich MAN vom Verhandlungstisch zurückgezogen hatte.

Unterstützung durch den Kanzler

Daraufhin hatten die Familieneigentümer Exklusivverhandlungen mit dem US-Investor Carlyle aufgenommen und mit ihm einen Vorvertrag über acht Monate abgeschlossen. Nach Protesten des MTU-Betriebsrats gegen den Finanzinvestor hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder der Belegschaft seine Unterstützung zugesagt, für MTU einem industriellen Investor den Vorzug zu geben.

MTU produziert auch Motoren für die Marine und für den Leopard-Panzer. Die MTU Friedrichshafen GmbH baut mit 5000 Beschäftigten Großdieselmotoren für Schiffe, Eisenbahnen, Militär- und Baufahrzeuge sowie Energieversorgungsanlagen. Im Vorjahr erzielt der Konzern einen Umsatz von 1,35 Milliarden Euro.

© SZ vom 02.09.05 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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