Geschäfte in Steueroasen:Millionen unter Palmen

Lesezeit: 3 min

Wie hier am Cow Wreck Bay Beach gibt es auf den Britischen Jungferninseln tolle Badeplätze. Und allerlei Möglichkeiten, Geld zu verstecken. (Foto: Walter Bibikow/mauritius Images)

Bundesweit haben Ermittler Privat- und Geschäftsräume nach Hinweisen auf Steuerdelikte durchsucht. Die Aktion ist eine Folge der Panama Papers und der Offshore Leaks, im Mittelpunkt steht die Deutsche Bank.

Von Jan Willmroth, Frankfurt

Diesmal behielten sie die Kontrolle über die Bilder an der Frankfurter Taunusanlage. Am Mittwochmorgen betraten Strafermittler, ausgestattet mit einem Durchsuchungsbeschluss, die Zentrale der Deutschen Bank. Zum zweiten Mal innerhalb eines halben Jahres drohte der Bank damit eine Razzia an ihrem Hauptsitz. Während anderswo in der Republik, von Aachen bis Hamburg, schon Staatsanwälte, BKA-Beamte und Steuerfahnder zugange waren, verhinderten die Juristen der Deutschen Bank eine erneute größere Durchsuchung in der Zentrale. Man gab einfach sofort alles her, was die Ermittler hätten haben wollten: Daten zu vier wohlhabenden Kunden, hieß es in Finanzkreisen.

In einer bundesweiten Aktion rückten drei Jahre nach Veröffentlichung der Panama Papers Fahnder aus, angeführt von der Staatsanwaltschaft Frankfurt, um einen Verdacht gegen insgesamt acht vermögende Privatleute zu erhärten: Unter anderem mit Hilfe der Deutschen Bank sollen sie in Steueroasen Geld vor dem Fiskus versteckt haben. Konkret sollen sie, so beschreiben es die Frankfurter Staatsanwälte, eine ehemalige Konzerntochter der Deutschen Bank genutzt haben, um Kapitalerträge auf den Britischen Jungferninseln zu verbergen. Zusätzlich zu den Privaträumen der Beschuldigten durchsuchten die Ermittler auch die Geschäftsräume von elf Banken, darunter eine Postbank-Filiale, mindestens eine Sparkasse und eine Volksbank, sowie die Büros mehrerer Vermögensverwaltungen und Steuerkanzleien. Unter anderem wurden sie in Hamburg, Bad Tölz, Bonn, Düsseldorf, Frankfurt, Aachen, Köln und auf Sylt vorstellig. Die Durchsuchungen stünden im Zusammenhang mit Erkenntnissen über deutsche Bankkunden aus den 2016 veröffentlichen Panama Papers und den 2013 veröffentlichten Offshore Leaks, bestätigte Oberstaatsanwalt Noah Krüger.

Im Fokus der Ermittler steht nach Informationen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR auch diesmal eine ehemals von der Deutschen Bank genutzte Gesellschaft namens Regula Limited. Sie agierte als sogenannter "Nominee-Shareholder", also als Schein-Anteilseigner von Offshore-Firmen, hinter denen die wahren wirtschaftlich Berechtigten verborgen blieben. Allein im Jahr 2016 soll die Firma mehr als 900 Kunden betreut haben, mit einem Geschäftsvolumen von 311 Millionen Euro.

Diese Gesellschaft, ein Teil der früheren Deutsche-Bank-Abteilung "Global Trust Solutions" (GTS), hatte die Strafverfolger bereits Ende November 2018 interessiert, als etwa 170 Beamte an zwei Tagen die Zentrale der Deutschen Bank sowie weitere Privat- und Geschäftsräume in Frankfurt und Umgebung durchsucht hatten. Mitarbeiter der Bank werden verdächtigt, keinen Geldwäscheverdacht angezeigt zu haben, obwohl sie nach Erkenntnissen der Ermittler früh hätten sehen können, dass einige Kunden das Trust-Geschäft vor allem zur Steuerhinterziehung genutzt hätten.

Manager der Bank hatten damals verwundert auf die Großrazzia reagiert. Mit Blick auf die Panama Papers hatte Konzernchef Christian Sewing gesagt, man hätte alles aufgearbeitet: "Für uns war der Fall abgeschlossen." Die Bank hielt die Maßnahmen für überzogen; sie gelten heute als wichtige Ursache für schlechte Geschäftszahlen im vierten Quartal. In einer Stellungnahme betonte das Geldhaus am Mittwoch, die neuerlichen Ermittlungen richteten sich gegen Privatpersonen, nicht aber gegen die Bank selbst. "Die Deutsche Bank kooperiert mit der Staatsanwaltschaft und gibt alle angeforderten Unterlagen freiwillig heraus", hieß es. Die Geschäftsräume der Bank seien nicht durchsucht worden.

Die Deutsche Bank war lange Zeit verlässlicher Partner für Geschäfte in Steueroasen

Bei den Durchsuchungen im November sind die Fahnder aber offenbar fündig geworden. In Bankkreisen wird vermutet, die Ermittler hätten vor allem auf belastende Informationen über Kunden abgezielt. Davon gibt es reichlich: Deutschlands größtes Geldinstitut war jahrzehntelang ein verlässlicher Partner für Geschäfte in Steueroasen. Ende März 2018 hatte die Deutsche Bank ihre Tochter GTS verkauft, bis dahin aber wohl noch Neugeschäft angenommen. Wohlhabenden Kunden bot die Bank damit Zugang zu allerhand Offshore-Dienstleistungen mit Briefkastenfirmen, Scheindirektoren und Stiftungen in Steueroasen wie Mauritius, den Caymans oder den Britischen Jungferninseln - ein Rundum-Service zum Verschleiern von Vermögensverhältnissen; ein Service, mit dem sich potenziell der Fiskus täuschen ließ.

Aus Sicht der Deutschen Bank war es aber auch ein zunehmend riskanter Geschäftsbereich, mit dem sie nicht mehr viel Geld verdiente. Im März 2016, kurz vor Veröffentlichung der Panama Papers, hatte das Institut nach eigenen Angaben entschieden, sich von der Konzerntochter zu trennen. Nachdem sie lange keinen Käufer gefunden hatte, ging GTS schließlich an Butterfield, eine weitgehend unregulierte Bank mit Sitz in Bermuda und Zweigstellen in etlichen Steuerparadiesen, bei der das Verschleiern zum Kern des Geschäftsmodells gehört. "Butterfield ist eine bekannte Größe im Geschäft mit Trusts", sagte Fabrizio Campelli, Leiter des Geschäfts mit vermögenden Privatkunden der Deutschen Bank, als er den Deal im Oktober 2017 ankündigte. "Wir freuen uns darauf, unseren Kunden gemeinsam mit diesem und anderen Anbietern ein breiteres Angebot mit Trusts bieten zu können."

Die Bank legt stets Wert auf die Feststellung, es gebe auch legitime Gründe, Trusts zu nutzen. Und die Staatsanwaltschaft Frankfurt betonte am Mittwoch, bis zum rechtskräftigen Abschluss gelte die Unschuldsvermutung.

© SZ vom 16.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: