Gerüchte:Swisscom will Telekom Austria übernehmen

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Spekulationen über einen bevorstehenden Verkauf der noch zu 42,5 Prozent staatlichen Telekom Austria an die Swisscom haben in Wien eine Welle von Protesten ausgelöst. Wirtschaftsminister Bartenstein sprach sich gegen den Verkauf aus, der Betriebsrat droht mit Streiks.

Neue Nahrung hatten die Gerüchte von einer für Sonntag angesetzten außerordentlichen Sitzung des Aufsichtsrats der Staatsholding ÖIAG bekommen.

Das Gremium hatte schon vor Wochen beschlossen, in diesem Jahr 17 Prozent der Telekom Austria zu privatisieren. Zeitungen berichteten, Swisscom stehe kurz davor, den gesamten ÖIAG-Anteil zu kaufen. In Medienberichten hieß es, die Schweizer hätten 16 Euro je Aktie geboten. Das würde einen Verkaufserlös von bis zu 3,4 Milliarden Euro für das Paket bedeuten.

In Österreich führte der mögliche Einstieg der Swisscom zu heftigen Reaktionen. Der TA-Betriebsrat drohte mit Streiks. Skeptisch über den angeblichen Deal haben sich inzwischen nicht nur die politische Opposition und der in der mitregierenden Freiheitlichen Partei (FPÖ) gewichtige Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider geäußert.

Auch Wirtschaftsminister Martin Bartenstein sprach sich gegen eine "Privatisierung" der TA durch den Verkauf an die zu 62,7 Prozent staatliche Swisscom aus. Der Staat sei überall ein schlechter Unternehmer, erklärte Bartenstein.

Der stellvertretende Generalsekretär des Unternehmerverbandes Wirtschaftskammer Österreich, Reinhold Mitterlehner, forderte, der TA müsse unbedingt ein österreichischer Kernaktionär erhalten bleiben. Außerdem müsse auf die Börse Wien Rücksicht genommen werden.

Preis noch zu hoch

Im Fall eines Verkaufs der TA an die Swisscom wird erwartet, dass die TA — die 20 Prozent des Wiener Leitindex ATX repräsentiert und die der gewichtigste Technologietitel in Wien ist — vom Kurszettel verschwinden könnte. Die Swisscom hat wiederholt ihr Interesse an der TA bestätigt. Erst hieß es jedoch, der von der ÖIAG verlangte Preis sei zu hoch, dann verwies Konzernchef Jens Alder auf den politischen Widerstand in Österreich.

Swisscom reagierte auf die neuerlichen Gerüchte mit einer Erklärung, wonach über eine "Zusammenführung" der beiden Unternehmen gesprochen, aber noch nichts entschieden worden sei.

Schweizer Analysten sind sich einig, dass TA ein guter Fang für die Swisscom wäre. Der ehemalige Monopolist, der sich zu rund 63 Prozent in den Händen des Staates befindet, wirtschaftet äußerst profitabel. Im laufenden Jahr erwartet das Unternehmen bei einem Umsatz von zehn Milliarden Franken einen Betriebsgewinn vor Abschreibungen in Höhe von 4,3 Milliarden.

Doch weil Swisscom in der Schweiz nicht wachsen und die Kosten kaum noch senken kann, bleiben zur Ertragssteigerung nur Akquisitionen. Trotz mehrerer Aktienrückkäufe hat der Konzern ausreichend Liquidität für größere Übernahmen zur Verfügung. Seit Jahren hält Swisscom-Chef Jens Alder aber vergeblich Ausschau nach einem geeigneten Kandidaten. TA würde alle Kriterien erfüllen, zumal Swisscom damit der Einstieg in den osteuropäischen Markt gelänge.

(SZ vom 19.08.04)

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