Gerichtsurteil:DocMorris darf deutsche Apotheke weiter betreiben

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Gegen die Eröffnung einer Filiale des Arzneihändlers DocMorris haben deutsche Apotheker gleich mehrere Klagen angestrengt. Nun fällte das Saarbrücker Landgericht eine wegweisende Entscheidung.

Der niederländische Internet-Arzneihändler DocMorris darf seine erste deutsche Filiale weiter betreiben. Das entschied das Landgericht Saarbrücken am Mittwoch in einem Eilverfahren. Es wies den Antrag einer Saarbrücker Apothekerin auf sofortige Schließung der DocMorris-Filiale in der saarländischen Landeshauptstadt als unbegründet zurück.

DocMorris darf seine deutsche Filiale in Saarbrücken weiter betreiben. (Foto: Foto: dpa)

Zuvor wollten die deutschen Apothekerverbände den Betrieb einer Filialapotheke des niederländischen Versandhändlers Doc Morris in Saarbrücken rechtlich stoppen. Die vom saarländischen CDU-Gesundheitsminister Josef Hecken erteilte Betriebserlaubnis "gefährdet das Prinzip der freiberuflichen und mittelständischen Apotheke", warnte Heinz-Günter Wolf, Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) am Dienstag in Berlin.

Hecken missachte den Willen des Gesetzgebers

Die Zulassung müsse zurückgenommen werden, da Hecken den Willen des Gesetzgebers missachtet habe. "Mit seiner Entscheidung stellt sich ein Landesminister bewusst gegen deutsches Recht, das es nur approbierten Apothekern erlaubt, eine Apotheke zu betreiben", so Wolff.

DocMorris hatte Anfang Juli seine erste Niederlassung in Deutschland in der Saarbrücker Kaiserstraße eröffnet. Bisher verkaufte das Unternehmen mit Sitz in den Niederlanden in Deutschland Medikamente nur über das Internet. Dieses Jahr will Doc Morris mehr als 170 Millionen Euro umsetzen - und habe zur Expansion eine deutsche Filialapotheke eröffnet, sagte Däinghaus zur SZ.

Klage der ABDA

Gegen die Betriebserlaubnis der Filiale klagten die ABDA und die Apothekerkammer des Saarlandes vor dem Verwaltungsgericht Saarlouis. In einem Präzedenzfall entschied das Landgericht Saarbrücken über den Eilantrag einer örtlichen Apothekerin, die die benachbarte Doc-Morris-Filiale schließen lassen will. Von dem erst in drei bis sechs Wochen erwarteten Verwaltungsgerichtsurteil erhofft sich die ABDA eine gründlichere Aufarbeitung desselben Sachverhalts.

Die ABDA kritisierte drei Punkte: So verstoße die Betriebserlaubnis gegen die Vorschrift, dass eine Apotheke von einer natürlichen Person geführt werden müsse. DocMorris ist aber eine Aktiengesellschaft. Außerdem dürften nur Apotheken zugelassen werden, die vom Inhaber geführt werden; Filialen dürften zudem nur im Umkreis einer Hauptapotheke eröffnet werden. Hecken und DocMorris berufen sich dagegen auf die Niederlassungsfreiheit in der EU.

Chronisch Kranke sparen

Gesundheitsminister Josef Hecken kämpft für eine generelle Neuordnung des Apothekenmarkts. Er will das Verbot zu Fall bringen, wonach der Eigentümer einer Apotheke immer Apotheker sein muss. Seiner Meinung nach könnten bis zu zwei Milliarden Euro durch mehr Wettbewerb eingespart werden - zu Gunsten der Beitragszahler der Krankenkassen.

Die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) und Verbraucherschützer haben sich hinter Versandhändler wie DocMorris gestellt. Er habe keinerlei Bedenken, wenn einem fremden Händler erstmals der Betrieb einer deutschen Apotheke erlaubt werde, sagte Norbert Schleert, Abteilungsleiter für Arznei- und Heilmittel beim AOK Bundesverband. Qualitätseinbußen für die Patienten seien nicht zu befürchten.

Auch die Gesundheitsexpertin der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, Julia Nill, sieht bei Medikamentenhändlern im Internet keine gravierenden Qualitätsunterschiede zu herkömmlichen Apotheken. Besonders sinnvoll sei die Bestellung für Chroniker: "Wenn man ständig bestimmte Medikamente braucht, kann man beim Versandhändler kaufen, weil man dann deutlich spart", sagte Nill.

© SZ vom 9.8.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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