Gerichtsurteil:Deutsche Bank steht vor neuen Milliardenrisiken

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Die Postbank-Übernahme könnte für das Geldinstitut noch ziemlich teuer werden. Ehemalige Aktionäre der Deutschen Bank waren mit ihren Klagen vor dem Kölner Landgericht erfolgreich - und könnten Nachahmer finden.

Von Jan Willmroth, Frankfurt

Die Deutsche Bank sieht sich nach einem Gerichtsurteil mit neuen Milliardenrisiken konfrontiert. Ehemalige Aktionäre der Postbank haben vor dem Kölner Landgericht Ansprüche auf Nachzahlungen im Zusammenhang mit der Übernahme ihres Instituts durch die Deutsche Bank errungen. Das Gericht sprach 14 früheren Postbank-Anteilseignern insgesamt 48 Millionen Euro zu. Im schlimmsten Fall könnten auf Deutschlands größtes Geldinstitut jetzt Nachzahlungen von bis zu drei Milliarden Euro zukommen.

Damit steht der Konzern vor neuen, schwer kalkulierbaren Risiken. Wie dick es für die Bank am Ende kommt, hängt noch von weiteren Verfahren vor anderen Gerichten ab, einer der Prozesse liegt bereits beim Bundesgerichtshof. In all diesen Verfahren geht es um die Zeit zwischen 2008 und 2012, in der die Deutsche Bank nach und nach für insgesamt sechs Milliarden Euro 94 Prozent an der ehemaligen Tochter der Deutschen Post übernommen hatte. Das Urteil des Landgerichts legt nunmehr nahe, dass dabei nicht alles mit rechten Dingen zuging.

Im Krisenjahr 2008 hatte die Bank für 57,25 Euro pro Aktie 29 Prozent der Postbank-Anteile gekauft. Trotz der anfänglichen Minderheitsbeteiligung habe die Deutsche Bank sofort die Kontrolle übernommen und sich dabei mit der Deutschen Post abgestimmt, argumentierten die Kläger. Derartige Absprachen unter Aktionären sind nicht zulässig. Im konkreten Fall hätte die Deutsche Bank gleich zu Beginn ein Übernahmeangebot für die restlichen Postbank-Anteile unterbreiten müssen - oder sich eben nicht wie vermutet mit der Deutschen Post absprechen dürfen.

Aktionärsanwälte frohlocken. Die Bank kündigt an, in Berufung zu gehen

Erst später hatte die Bank auch die übrigen Postbank-Anteile übernommen, allerdings für nur noch 25 Euro pro Aktie. Die klagenden Ex-Aktionäre mussten nachweisen, dass die Deutsche Bank tatsächlich schon das Sagen hatte, als sie noch Minderheitseigner der Postbank war. Das Gericht hielt die Klagen für rechtmäßig und verurteilte die Bank am Freitag, den Klägern den Differenzbetrag plus Zinsen zu erstatten ( Az. 82 O 11/15). Auch den sogenannten Squeeze-Out-Beschluss der Postbank aus dem Jahr 2015 erklärten die Richter für unzulässig ( Az. 82 O 115/15) - damals hatte die Bonner Bank ihre restlichen Aktionäre mit lediglich 35,05 Euro abgefunden.

Der Rechtsanwalt Oliver Krauss, der ein halbes Dutzend Kläger vertritt, sagte der Nachrichtenagentur Bloomberg, andere Anteilseigner der Postbank könnten noch Klagen einreichen, sollten das aber spätestens bis Jahresende tun, um einer Verjährung ihrer Fälle zuvorzukommen.

Der Maximalbetrag von drei Milliarden Euro käme nur dann auf den Konzern zu, wenn sich alle betroffenen Postbank-Aktionäre mit Klagen beteiligten. Die Frankfurter hatten die Vorwürfe stets zurückgewiesen. "Wir bedauern die beiden Urteile des Landgerichts Köln", sagte ein Sprecher. Man werde die Urteilsbegründungen prüfen und aller Voraussicht nach Berufung gegen beide Urteile einlegen, kündigte er an. Ob das Institut bereits seine Rückstellungen in dieser Sache erhöht hat, wollte er nicht kommentieren. Zu Rückstellungen im Zusammenhang mit einzelnen Fällen mache man grundsätzlich keine Angaben.

Mit der Postbank-Übernahme und ihren damals etwa 14 Millionen Kunden hatte die Deutsche Bank nach der Finanzkrise ihre Geschäftsgrundlage verbreitert. Nach zwischenzeitlichen Verkaufsplänen hatte sie im Frühjahr entschieden, die Postbank voll in den Konzern zu integrieren.

© SZ vom 21.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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