Geldwerkstattt:Schnorren bei Aktionären

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Niedrige Zinsen, hohe Unsicherheit - wie soll man da noch sein Geld investieren? In der "Geldwerkstatt" erklären wir aktuelle Fragen zur Geldanlage. (Foto: SZ-Grafik)

Wenn eine Aktiengesellschaft Geld braucht, um zu investieren oder um Schulden zu tilgen, kann sie neue Anteile herausgeben. Anleger haben dann die Wahl, ob sie sich an einer Kapitalerhöhung beteiligen wollen. Die wichtigsten Fragen.

Von Felicitas Wilke, München

Eine Aktiengesellschaft hat es gut. Wenn sie Geld braucht, um neue Fabriken zu bauen oder Schulden zu tilgen, muss sie nicht unbedingt einen Gläubiger davon überzeugen, ihr einen Kredit zu geben. Sie kann auch höflich bei den Aktionären anfragen und neue Anteilsscheine ausgeben. Eine solche Kapitalerhöhung geschieht zum Beispiel gerade bei der Deutschen Bank. Noch bis zu diesem Dienstag haben Aktionäre des Kreditinstituts die Möglichkeit, neue Anteile am Unternehmen zu kaufen - und zwar zum Vorzugspreis. Normalerweise kosten die Aktien der Deutschen Bank gerade knapp 16 Euro, die jungen Aktien gibt es für 11,65 Euro. Doch was steckt hinter einer solchen Kapitalerhöhung? Und ist es für Aktionäre immer sinnvoll, dabei mitzumachen?

Wieso geben Unternehmen neue Aktien aus?

Wenn ein börsennotiertes Unternehmen Geld benötigt, hat es im Wesentlichen zwei Möglichkeiten: Entweder leiht es sich Geld bei Banken und Investoren oder es gibt neue Aktien aus und sammelt dadurch Geld von seinen Aktionären ein, den Eigenkapitalgebern. Eigentlich spricht momentan vieles dafür, sich fremdes Geld zu leihen, schließlich sind die Zinsen niedrig. "Allerdings macht es sich in der Bilanz eines Unternehmens gut, wenn es sein Eigenkapital erweitert", sagt Christian Kahler, Chefanlagestratege der DZ Bank.

Die Deutsche Bank möchte durch ihre Kapitalerhöhung acht Milliarden Euro einsammeln, die für eine stabilere Kapitalbasis sorgen sollen. Mehr eigenes Kapital in der Bilanz braucht die Bank vor allem, um die Anforderungen von Aufsichtsbehörden zu erfüllen. Zudem soll das frische Geld dem Konzern dabei helfen, einige Unternehmenssparten umzustrukturieren. So hat die Bank entschieden, ihre Tochter, die Postbank, nun doch nicht zu verkaufen, sondern stattdessen ins Privat- und Firmenkundengeschäft des Mutterkonzerns einzugliedern. Und das kostet.

Welche Folgen hat eine Kapitalerhöhung für Aktionäre?

Der relative Anteil, den ein altgedienter Aktionär an einem Unternehmen hält, schrumpft durch eine Kapitalerhöhung. Schließlich sind plötzlich mehr Aktien im Umlauf als zuvor. Da sich dadurch auch die Dividenden, die eine Aktiengesellschaft ihren Anteilseignern auszahlt, auf mehr Aktien als zuvor verteilt, verlieren die Anteilsscheine an Wert. Man spricht vom Verwässerungseffekt.

In den meisten Fällen bekommen Anleger die Möglichkeit, diesen Nachteil auszugleichen und ihren prozentualen Anteil am Unternehmen zu halten. Umsonst ist das nicht. Aktionäre können die neu ausgegebenen, sogenannten jungen Aktien allerdings zu einem Preis kaufen, der in der Regel unter dem aktuellen Wert der alten Aktien liegt. Pro Aktie bekommen die Anleger ein solches Bezugsrecht, mit dem sie eine bestimmte Anzahl junger Aktien erwerben können. So wie gerade im Fall der Deutschen Bank. Wer etwa 50 Aktien des Geldhauses besitzt, kann von seinen 50 Bezugsrechten 25 junge Aktien kaufen. Bei einem Preis von 11,65 Euro müssen Anleger also noch mal knapp 300 Euro in die Deutsche Bank investieren, um ihre Anteile auf dem bestehenden Niveau zu halten. Ein praktischer Hinweis: Will man als Aktionär von seinem Bezugsrecht Gebrauch machen, muss man die Depotbank darauf hinweisen.

Wie sinnvoll ist es, bei einer Kapitalerhöhung mitzumachen?

Das hängt vor allem davon ab, ob die Aktionäre noch an das Unternehmen glauben, dessen Anteile sie halten. "Wenn ich davon ausgehe, dass mir die Aktien in Zukunft eine gute Rendite bescheren werden, kann es sinnvoll sein, die Kapitalerhöhung mitzumachen und junge Aktien zu kaufen", sagt Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Er rät Anlegern, vor dem Kauf genauso gut abzuwägen, wie wenn sie sich das erste Mal für die Aktie entscheiden würden.

Welche Alternativen haben die Aktionäre?

Wer weniger überzeugt von der Zukunft der Aktie ist, kann die Bezugsrechte auch verkaufen. "Das kann zum Beispiel dann sinnvoll sein, wenn das Unternehmen in einer Krise steckt und mit dem frischen Geld nicht in erster Linie Wachstumsziele verfolgt", sagt Christian Kahler von der DZ-Bank.

Entscheiden sich Anleger gegen die Kapitalerhöhung, können sie die Bezugsfrist verstreichen lassen. Ihre Depotbank verkauft die Bezugsrechte dann an neue Aktionäre. Der Wert der Bezugsrechte - und damit auch die Gutschrift, die am Ende auf dem Konto der Anleger landet - ergibt sich aus Angebot und Nachfrage an der Börse. Liegt der Kurs beispielsweise bei 2,02 Euro, erhalten Anleger, die 50 Aktien besitzen, also 101 Euro, leben aber damit, dass der eigene Anteil am Unternehmen bald schrumpfen wird.

Eine weitere Möglichkeit, als Anleger auf eine Kapitalerhöhung zu reagieren, ist der Mittelweg, die "Opération blanche". Dabei verkauft man einen Teil der Bezugsrechte und verwendet die Einnahmen daraus, um junge Aktien im ungefähr gleichen Wert zu erwerben. Der Vorteil dieser Methode: Aktionäre müssen in diesem Fall kein oder kaum zusätzliches Geld in ein Unternehmen stecken, ihr relativer Anteil am Unternehmen sinkt dabei aber weniger stark.

Verkauft ein Anteilseigner 36 seiner 50 Bezugsrechte zum Preis von 2,02 Euro, erhält er dadurch knapp 73 Euro. Übrig bleiben 14 Bezugsrechte, mit denen man sieben junge Aktien kaufen kann. Bei einem Preis von 11,65 Euro pro Aktie müssten Anleger in diesem Fall nur gut acht Euro draufzahlen.

Was empfehlen Analysten im Fall der Deutschen Bank?

Die Mehrzahl der Analysten großer Banken und Ratinghäuser rät den Aktionären der Deutschen Bank derzeit, ihre Anteile eher loszuwerden als neue nachzukaufen. Das zeigt beispielsweise eine Auflistung von Bloomberg, in der sich nur zwei Analysten dafür aussprechen, Aktien der Bank zu erwerben. Das würde eher dafür sprechen, bei der Kapitalerhöhung nicht oder nur zum Teil mitzumachen. Entscheiden müssen die Anleger selbst, denn auch kein Analyst ist unfehlbar - an der Börse weiß man nie.

© SZ vom 03.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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