Geldwäsche:Der Commerzbank droht ein "Riesenverfahren"

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Die Frankfurter Staatsanwaltschaft rechnet nach der Razzia wegen des Geldwäscheverdachts bei der Commerzbank mit monatelangen Ermittlungen, bis erste Ergebnisse vorliegen.

Die verdächtigten sieben Personen, darunter fünf aktuelle und ehemalige Commerzbank-Mitarbeiter, sind alle auf freiem Fuß.

"Es hat in dem Verfahren bisher keine Verhaftungen gegeben, und ich wüsste auch nicht, dass welche geplant sind", sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Doris Möller-Scheu. Nach ihren Worten geht es bei den Ermittlungen bislang nur um die Commerzbank.

Es gebe "im Moment keine Anhaltspunkte" für eine Verwicklung anderer deutscher Banken. Unklar ist auch noch die Dimension der Affäre. Die Summe, um die es gehe sei noch "völlig offen". Möller-Scheu: "Wir kennen sie selbst nicht."

"Auseinandersetzungen und Rechtsstreitigkeiten"

Bei allen bisher genannten Beträgen wie etwa jenen 100 Millionen Euro, die aus illegalen Geschäften rund um russische Telekommunikationsfirmen über Konten der Bank gelaufen sein sollen, handele es sich um "Spekulationen". Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft sagte aber, es gehe um ein "Riesenverfahren". Die Auswertung der sichergestellten Materialien werde Monate dauern.

Die Staatsanwaltschaft bestätigte, dass zu den Beschuldigten auch der am Montag der vergangenen Woche überraschend zurückgetretene Personalvorstand der Commerzbank, Andreas de Maizière, gehört. Die Bank erklärte dazu: "Herr de Maizière hat die Verantwortung für Verfehlungen von Mitarbeitern seines Zuständigkeitsbereichs übernommen."

Am Dienstag und Mittwoch voriger Woche hatten dann 120 Beamte Büros der Commerzbank und andere Räumlichkeiten wie Wohnungen in Deutschland, in der Schweiz, in Liechtenstein, Luxemburg und Zypern durchsucht. Darstellungen, nach denen de Maizière wegen der anstehenden Polizeiaktion vorgewarnt gewesen sein könnte, widersprach die Staatsanwaltschaft. Dafür gebe es keine Hinweise, betonte Doris Möller-Scheu. Bei der Commerzbank war de Maizière zeitweise für die Regionen Mittel- und Osteuropa zuständig gewesen.

Die Commerzbank teilte in einer der SZ vorliegenden Mitarbeiterinformation folgendes mit: Hintergrund der untersuchten Sachverhalte seien "im weitesten Sinne offenbar Auseinandersetzungen und Rechtsstreitigkeiten auf dem russischen Telekommunikationsmarkt".

Die Bank komme dadurch "ins Spiel", dass sie zeitweise eine treuhänderische Mehrheitsbeteiligung an der First National Holding in Luxemburg gehalten habe, die wiederum an der russischen Telecominvest beteiligt gewesen sei. Diese Beteiligung, die ursprünglich an die Börse gebracht werden sollte, sei Ende 2001 an den Treuhänder zurückgegeben worden, so die Commerzbank.

Sie betont in dem Schreiben, sie kooperiere uneingeschränkt mit den ermittelnden Behörden und wolle versuchen, zu einer möglichst schnellen Klärung des Sachverhalts beizutragen, um Spekulationen einzugrenzen. Der Vorstand, schreibt die Commerzbank, sei "davon überzeugt, dass Herrn de Maizière persönlich keine strafrechtlichen Vorwürfe zu machen sind".

Ein Sprecher der Anti-Korruptions-Organisation Transparency International (TI), die sich auch mit Geldwäsche beschäftigt, verwies im SZ-Gespräch auf Studien des Internationalen Währungsfonds (IWF). Danach seien im Zusammenhang mit der Privatisierung russischer Staatsbetriebe etwa 250 Milliarden Dollar "in den Westen geflossen".

Dieses Geld habe die Banken angelockt. Aber: "Nicht in allen Fällen" habe es sich um legales Geld gehandelt. Zu den Ermittlungen gegen die Commerzbank wollte der TI-Experte nichts Konkretes sagen. Nach seiner Ansicht handelt es sich aber um einen "Kollateralschaden". Man könne als Bank alle Standards gegen Geldwäsche einhalten, "und trotzdem kann etwas passieren".

© SZ vom 26.06.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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