Geisterdebatte um Währungsunion:Lackschaden beim Euro

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Spekulationen über einen möglichen Bruch der Europäischen Währungsunion haben für erhebliche Unruhe an den Devisenmärkten gesorgt. Die Bundesbank gab indes Rückendeckung und schloss ein Scheitern aus.

Wie der Stern berichtete, sei vergangene Woche in einer vertraulichen Ökonomenrunde mit Bundesfinanzminister Hans Eichel und Bundesbankpräsident Axel Weber über ein Scheitern der Währungsunion diskutiert worden.

Noch jung und schon der Lack ab? Die Debatte um ein Scheitern der Währungsunion bringt den Euro unter Druck. (Foto: Foto: dpa)

Das Magazin zitierte den Teilnehmer Joachim Fels von der Investmentbank Morgan Stanley: "Das kann in einigen Jahren zum Super-GAU führen: einem Auseinanderbrechen des Euro." Das Bundesfinanzministerium wies den Bericht zurück. Die Bundesbank kündigte eine Erklärung an.

Regelmäßige Treffen

Eichels Sprecher Stefan Giffeler sagte, es gebe regelmäßige Treffen zwischen Eichel, der Bundesbank und Ökonomen. Das genannte Treffen könne er aber nicht bestätigen, auch nicht, dass sich Eichel an "einer derart absurden Diskussion" beteiligt haben soll. "Der Euro und die Wirtschafts- und Währungsunion sind eine einzige Erfolgsgeschichte."

Das Magazin berichtete weiter, die Beamten Eichels hätten in einem internen Vermerk vor einem ökonomischen Auseinanderdriften Europas gewarnt. Unter der Überschrift "Euro-Zone: Zunehmende Besorgnis über verfestigte Inflations- und Wachstumsdifferenzen" heißt es: "Die Schere droht weiter auseinander zu laufen, so dass die Gefahr einer Anpassungskrise größer wird." Der Euro sackte am Vormittag auf 1,2272 Dollar ab, am Vortag hatte der Referenzkurs noch 1,2331 Dollar betragen.

Euro als Sündenbock für Wachstumsschwäche

Das Magazin berichtete unter Berufung auf vertrauliche Vermerke außerdem, das Bundesfinanzministerium mache die Einführung des Euro für die anhaltende Wachstumsschwäche in Deutschland verantwortlich.

Eichels Experten hätten in dem "Hintergrundvermerk zum Anpassungsprozess an die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion" geschrieben, Deutschland habe mit der Euro-Einführung seinen Realzins-Vorteil gegenüber den anderen Staaten der Währungsunion verloren.

Der Euro habe für die früheren Hochzinsländer Griechenland, Irland, Portugal und Spanien "enorme Finanzierungsvorteile gebracht, die praktisch wie Steuersenkungen wirken".

Allein für Spanien mache der Effekt 3,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus, während für Deutschland der Nachteil 1,4 Prozent betrage. Die "Verschlechterung der relativen Finanzierungsbedingungen" könne auch herangezogen werden, "den Wachstumsrückstand Deutschlands gegenüber den anderen Ländern" zu erklären.

Euro-Stärke belastet Deutschland

Die Ministeriums-Ökonomen fürchteten, Deutschland könne es nicht gelingen, den Nachteil jemals durch Lohnzurückhaltung wettzumachen: "Die Langwierigkeit der Anpassung führt zu einer derartigen Investitionsschwäche, dass sich in der Folge das Wachstumspotenzial insgesamt vermindert", zitierte das Magazin.

Der Vorsitzende des Sachverständigenrates Bert Rürup bestätigte dem Magazin zufolge, dass die Euro-Einführung durch den Verlust des Realzins-Vorteils für Deutschland wie eine Wachstumsbremse wirke.

Die Erwartungen, die Währungsunion würde das Wachstum steigern und Arbeitsplätze schaffen, seien "Blütenträume, die sich bislang nicht erfüllt haben", zitierte das Magazin den Ökonomen. Zudem sei die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank für Deutschland "vergleichsweise hart", aber dies sei der "Preis der gemeinsamen Währung".

Offizielle Dementis

Bundesbankpräsident Axel Weber schließt nach Angaben der Notenbank ein Scheitern der europäischen Währungsunion aus. Mit Blick auf den Bericht des Sterns, wonach Weber mit Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) über ein Scheitern der Währungsunion diskutiert haben soll, erklärte die Notenbank, der Bundesbankpräsident beteilige sich nicht an solchen "absurden Diskussionen".

Die Europäische Zentralbank (EZB) hält die Debatte über die Zukunft der Währungsunion für eine "rein deutsche Angelegenheit". "Wir waren nicht beteiligt und geben keinen Kommentar dazu", sagte ein EZB-Sprecher in Frankfurt.

Auch die EU-Kommission hat Gerüchte über ein mögliches Auseinanderbrechen der Europäischen Währungsunion zurückgewiesen. Die Sprecherin von EU-Währungskommissar Joaquín Almunia bezeichnete einen entsprechenden Presseberichtam Mittwoch in Brüssel als lächerlich.

Die Bundesregierung hat die Berichte über Diskussionen zu einem Scheitern des Euro zurückgewiesen. "Es ist völlig absurd, dass es innerhalb der Bundesregierung oder auch generell eine Debatte geben könnte, an der sich der Bundesfinanzminister beteiligt, die sich um eine Abschaffung der Wirtschafts- und Währungsunion oder des Euro oder Ähnliches drehen würde", sagte der Sprecher des Bundesfinanzministeriums Stefan Giffeler.

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