Gebrauchte Lebensversicherung:Profit aus zweiter Hand

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Anleger können ihr Geld mittlerweile in Lebensversicherungsfonds stecken. Die sind aber nicht für jeden Kunden geeignet.

Von Markus Zydra

Der 50-jährige Rolf Kersten will seine Lebensversicherung vorzeitig kündigen. Er weiß, dass dies ein schlechtes Geschäft ist, aber der Angestellte kann sich die monatlichen Prämienzahlungen nicht mehr leisten.

Prognostizierte Renditen für Fonds mit Second-Hand-Policen. (Foto: Tabelle: SZ)

Früher hätte der Familienvater das Angebot seines Versicherers annehmen müssen. Mittlerweile gibt es mehrere potenzielle Abnehmer solcher Policen, an die sich Kersten wenden kann.

Kündigungen sind häufig

Die stellen allerdings bestimmte Bedingungen: Direktversicherungen sind vom Rückkauf ausgeschlossen, und die Restlaufzeit darf nicht länger als 15 Jahre betragen.

Der aktuelle Rückkaufswert muss je nach Anbieter mindestens bei 6000 Euro oder 10.000 Euro liegen. Sind diese Bedingungen erfüllt, dann bieten Maklerfirmen wie Cash.life und Business Capital network Rückkaufspreise, die je nach Fall zwei bis fünf Prozent über dem Angebot des Versicherers liegen. Rolf Kersten kann so seinen Verlust zumindest verringern.

Insgesamt, so meldet der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, lag die Stornoquote für Lebensversicherungen 2002 bei 4,91 Prozent. Insgesamt wird jedoch etwa jede zweite Lebensversicherung vor Ende der Laufzeit gekündigt.

Makler sammeln diese Policen gerne ein, schließlich liegt das Preisangebot immer noch deutlich unter dem "wahren", dem so genannten inneren Wert der Police.

Mindestsumme 10.000 Euro

Nach dem Kauf der Lebensversicherungen schnüren Cash.life und Business Capital network aus den Verträgen ein Paket. Und dieses Portfolio wird dann verkauft - zum Beispiel an die MTV Beteiligungs GmbH, die daraus einen geschlossenen Fonds aufgelegt hat.

"Unsere Aufgabe besteht dann darin, diesen Fonds über die Laufzeit von 14 Jahren zu verwalten und regelmäßige Ausschüttungen vorzunehmen", sagt MTV-Geschäftsführer Georg Melzer. Mindestens 10.000 Euro müssen Anleger investieren.

Die Beteiligungsgruppe stellt eine jährliche Rendite von sieben Prozent in Aussicht, bei einem Ausgabeaufschlag von fünf Prozent. Bereits nach vier Jahren ist ein Verkauf der Anteile möglich, allerdings mit deutlichen Renditeeinbußen.

MTV Leben Invest I ist nicht das einzige Angebot für interessierte Anleger. Die Lebensversicherungsfonds schießen seit einem Jahr aus dem Boden. Die Laufzeiten, Mindestbeteiligungen und Zielmärkte variieren zum Teil deutlich. Auch bei den prognostizierten Ausschüttungen gibt es beträchtliche Spannen, was vor allem daran liegt, dass die Ausschüttungen im Zuge der Laufzeit immer mehr ansteigen (Tabelle).

Das Geschäftsmodell der Zweitverwerter ist simpel. Die Lebensversicherung von Rolf Kersten wird nun Anlegern, die in den Fonds investieren, bis zum Ende der Laufzeit weiterbedient. Die Police kommt also zur Auszahlung, allerdings nicht mehr an Kersten, sondern an die Fondsteilhaber. "Das Investment in gebrauchte Lebensversicherungen lohnt sich. Sieben Prozent auf dem deutschen Markt und bis zu elf Prozent in den USA sind drin", sagt Martin Witt, Geschäftsführer der Ratingagentur Scope.

Allerdings unterscheiden sich beide Märkte fundamental: In Deutschland sind Kapital-Lebensversicherungen der große Renner. Hier weiß der Fondsmanager genau, wann er die Versicherungssumme erhält, er weiß aber nicht, wie viel Geld es sein wird, weil der Ertrag von den Entwicklungen an den Kapitalmärkten abhängt. Ganz anders in den USA: Hier sind vor allem Risiko-Lebensversicherungen im Handel. Der Investor weiß, wie hoch die Versicherungssumme ist, allerdings hängt der Auszahlungszeitpunkt vom Ableben des Versicherungsnehmers ab.

Gegenwind aus Berlin

Die meisten in Deutschland angebotenen Fonds investieren in den USA. "Die höhere Rendite dort liegt an einer Marktineffizienz. Die Versicherer dürfen gewisse Rückkaufspreise nicht überschreiten, und bislang gibt es nur sehr wenige Aufkäuferfirmen, was die Rückkaufspreise niedrig hält", sagt Witt.

Die Rendite sinkt, wenn der Versicherungsnehmer länger lebt als erwartet, weil die Police dann länger bedient werden muss. Aufgrund dieser Unsicherheit investiert zum Beispiel die MTV Leben Invest I nicht in amerikanische Lebensversicherungen. "Der medizinische Fortschritt kann da einiges durcheinander bringen, denn gibt es irgendwann beispielsweise ein Medikament gegen das Aids-Virus, dann verlängert sich die Lebensdauer der Versicherungsnehmer und mithin die Prämienzahlung", sagt auch Rüdiger Sälzle, Fondsanalyst bei FondsConsult.

In den kommenden zwei Jahren erwartet Scope-Geschäftsführer Witt aufgrund der zunehmenden Konkurrenz einen deutlichen Preisanstieg für Second-Hand-Lebensversicherungen. Die Rendite wird sinken.

Dazu droht der Branche Gegenwind aus der Politik: Das Bundesfinanzministerium plant offenbar, die überaus günstige Besteuerung von Lebensversicherungsfonds durch eine deutlich höhere Steuer zu ersetzen. Zum anderen fordert Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) ein Gesetz, in dem die Lebensversicherer verpflichtet werden, einen gewissen Rückkaufspreis zu garantieren.

Auch das wird die Margen für die Lebensversicherungsfonds drücken. "Ich halte diese Fonds für eine sinnvolle Anlageergänzung. Man sollte sich aber den Initiator des Fonds genau anschauen und bei US-Investitionen das Währungsrisiko berücksichtigen", sagt Sälzle.

© SZ vom 04.05.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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