Führungsstreit:Paris meldet Führungsanspruch bei Airbus an

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Der Führungsstreit bei Airbus ist nun zum Wahlkampfthema in Frankreich geworden. Präsidentschaftskandidat Nicolas Sarkozy spielt offensiv die nationale Karte und will die Doppelspitze beim Mutterkonzern EADS abschaffen.

Airbus kommt nicht zur Ruhe: Inmitten des harten Widerstands der Belegschaft gegen das Sanierungsprogramm "Power 8" meldete Frankreich einen Führungsanspruch beim Mutterkonzern EADS an.

Nicolas Sarkozy versucht nun mit dem Thema Airbus im französischen Präsidentschaftswahlkampf zu punkten. (Foto: Foto: Reuters)

Die französische Regierung kündigte an, sie sei bereit, sich "zusammen mit den anderen Aktionären" an einer Kapitalerhöhung bei EADS zu beteiligen. In diesem Fall müsse aber auch das Führungsmodell mit den deutsch-französischen Doppelspitzen überprüft werden, sagte Premierminister Dominique de Villepin.

"Es wäre vielleicht nötig, ernsthaft über die Möglichkeit zu diskutieren, nur noch einen Verantwortlichen zu haben", sagte Wirtschaftsminister Thierry Breton.

Er schränkte ein, dass der Konzern mit einer Bitte um eine weitere Beteiligung an den Staat herantreten müsse.

"Einfach die besten Leute"

Der Präsidentschaftskandidat Nicolas Sarkozy schloss sich dem Vorstoß de Villepins an: "Wir sollten mit dieser französisch-deutschen Gleichheit aufhören und einfach die besten Leute nehmen, um die besten Entscheidungen zu treffen", sagte er, nachdem er sich mit Vertretern der Airbus-Gewerkschaften getroffen hatte. Statt wie derzeit zwei solle nur noch ein Hauptaktionär die industrielle Führung bei dem Konzern innehaben und etwa über das Management entscheiden können.

Die Präsidentschaftskandidatin der Sozialisten, Ségolène Royal, sandte allerdings deutlich versöhnlichere Signale an Berlin aus. Die Beschäftigten in Frankreich und Deutschland dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden, mahnte Royal vor ihrem für Dienstag angesetzten Treffen mit Bundeskanzlerin Merkel in Berlin.

Royal mahnt Solidarität an

Die derzeitige Krise müsse im Geiste gegenseitiger Solidarität gelöst werden. Royal appellierte auch an den Gemeinsinn der Europäer. Die Sicherung von Arbeitsplätzen sei im Interesse der gesamten europäischen Industrie, betonte Royal. An Airbus ließe sich auch belegen, wie konkurrenzfähig Europa im Wettbewerb mit den USA und China sei.

Royal forderte die bei EADS beteiligten Staaten auf, weiteres Kapital in das Unternehmen zu pumpen. Dies sei nötig, um die Krise zu überwinden, sagte Royal vor einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin.

Ähnlich wie die deutschen Landespolitiker Christian Wulff und Günther Oettinger kritisierte Royal das Sanierungsvorhaben: Es sei inakzeptabel, dass ein Konzern mit über Jahre hinweg gefüllten Auftragsbüchern einen derart radikalen Stellenabbau betreibe. "Ich bin davon überzeugt, dass es möglich ist, anders vorzugehen." "Power8" sieht den Abbau von 10.000 Stellen konzernweit vor, Airbus will außerdem sechs seiner 16 Werke ganz oder teilweise verkaufen.

Die Airbus-Mutter EADS, die dringend Milliarden benötigt, will dem Handelsblatt zufolge bei der Hauptversammlung am 4. Mai eine Kapitalerhöhung beschließen.

Unter Berufung auf Unternehmenskreise hieß es am Montag, der Konzern wolle damit in diesem Jahr zwei bis drei Milliarden Euro für die A350 einsammeln. "Sollte der Staat sich zusammen mit anderen Aktionären an einer Kapitalerhöhung beteiligen, sollte man sich bei dieser Gelegenheit auch die Frage nach der Führung des Konzerns stellen", sagte de Villepin wörtlich mit Blick auf die Doppelspitzen-Struktur.

Die Großaktionäre Lagardère und DaimlerChrysler wollen sich auf ihre Kerngeschäfte Medien und Auto konzentrieren. Damit stünde der Aktionärspakt zur Disposition, der aktuell 57,9 Prozent des Kapitals bündelt.

DaimlerChrysler stellt 22,47 Prozent, von denen 7,5 Prozent ohne Stimmrecht an Bundesländer und Banken abgegeben werden. Spanien stellt 5,48 Prozent und die Franzosen 29,95 Prozent, wovon Lagardère 7,5 Prozent über Wandelanleihen auf Termin abgetreten hat und weitere 7,5 Prozent abgeben will.

Regierungen sollen sich aus der Führung heraushalten

Der Pakt schreibt vor, dass die Regierungen sich aus der Unternehmensführung heraushalten, selbst wenn sie - wie Frankreich und Spanien - Großaktionäre sind.

Nicht nur die aktuelle Regierung in Paris, auch die französische Opposition pocht auf eine Aktive Rolle bei EADS und Airbus.

Die Präsidentschaftskandidatin der französischen Sozialisten, Ségolène Royal, will an diesem Dienstag bei Bundeskanzlerin Angela Merkel für ein Moratorium bei der Umsetzung von "Power8" werben. Merkel hatte den Sanierungsplan bisher gelobt.

Die Bundesregierung betont weiterhin, dass die Führungsstrukturen mit der dominierenden Rolle von Deutschen und Franzosen nach einem möglichen Einstieg neuer Investoren nicht verändert werden dürften.

"Wir sollten derzeit keine weiteren Anteilseigner in den Aktionärspakt von EADS dazu nehmen", sagte Merkel der Süddeutschen Zeitung vom Montag.

Vergangene Woche hatte sich der Außenminister des Öl-Emirats Katar mit dem französischen Regierungschef Dominique de Villepin getroffen, um über einen EADS-Einstieg zu reden.

Beteiligung der russischen Bank VTB

Die staatliche russische Bank VTB hatte vergangenes Jahr über die Börse bereits eine Beteiligung von gut fünf Prozent erworben.

Der Widerstand in der Airbus-Belegschaft gegen die Einschnitte durch das Sanierungsprogramm "Power 8" bleibt unterdessen hart. In den drei deutschen Werken Varel, Nordenham und Laupheim lief die Arbeit am Montag nach mehrtägiger Unterbrechung nur schleppend wieder an.

Nach Berichten aus der Belegschaft sind viele Beschäftigte verbittert über die harten Maßnahmen des Sanierungsplans "Power8" und wollten "Dienst nach Vorschrift" machen.

Europaweiter Aktionstag

Die Gewerkschaften planen einen europaweiten Aktionstag, als Termin ist der 16. März im Gespräch. Bei der Termin handele es sich um einen deutschen Vorschlag, der noch mit dem Gewerkschaften in Frankreich, Spanien und Großbritannien abgestimmt werden müsse, hieß es.

Die französische Gewerkschaft Force Ouvrière (FO) will die Verlagerung der Produktion des Airbus A320 von Toulouse nach Hamburg verhindern und dafür notfalls die Flugzeugfertigung blockieren.

Die neue deutsch-französische Arbeitsteilung bei Airbus sei unannehmbar, sagte der Chef von FO-Airbus, Julien Talavan, der Pariser Finanzzeitung La Tribune. Für diesen Dienstag haben die französischen Gewerkschaften zu einem landesweiten Aktionstag gegen "Power8" aufgerufen.

Details noch immer offen

Am Montag traf der Europa-Betriebsrat in Toulouse mit dem Airbus- Management zusammen. Die Arbeitnehmervertreter erhofften sich von den Gesprächen mehr Details zu den Sanierungsmaßnahmen.

Es ist immer noch unklar, wie sich der geplante Abbau von 10.000 Arbeitsplätzen auf die einzelnen Werke verteilen soll.

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