Führungskrise bei DaimlerChrysler:Drei Männer und viele Fragen

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Gerne wäre Mercedes-Chef Cordes an die DaimlerChrysler-Spitze gerückt. Das macht jetzt aber Chrysler-Chef Zetsche. Deshalb will Cordes gehen - und bringt damit DaimlerChrysler in eine heikle Lage. Unterdessen wird noch immer gerätselt, warum die Trennung von Schrempp derart kühl ausfällt.

Vorstand und Aufsichtsräte des Autokonzerns DaimlerChrysler seien fieberhaft dabei, nach einer Lösung der unerwarteten Führungskrise zu suchen, berichtet dpa-AFX unter Berufung auf Konzernkreise.

Eine Sondersitzung des Aufsichtsgremiums solle es aber nicht geben. "Die Aufsichtsräte sind fast alle schon in Urlaub", hieß es.

Das Rücktrittsangebot von Eckhard Cordes habe das Unternehmen in eine schwierige Situation gebracht.

Der ehrgeizige frühere Nutzfahrzeug-Chef will offenbar nicht hinnehmen, dass nicht er, sondern Chrysler-Vorstand Dieter Zetsche im Januar Nachfolger von Konzernchef Jürgen Schrempp wird. Immerhin hätte nach SZ-Informationen Schrempp Cordes den Vorzug gegeben.

"Umgefallen"

Cordes habe der seit Wochen vorbereiteten Berufung von Zetsche als Schrempp-Nachfolger im Vorfeld zunächst zugestimmt.

Am Donnerstagvormittag habe er dann plötzlich einen massiven Vertrauensverlust beklagt und sei "umgefallen", hätten die gut informierten Kreise berichtet.

Cordes bot daraufhin dem Aufsichtsrat seinen Rücktritt an, hat aber bislang noch nicht förmlich um die Auflösung seines Vertrages gebeten.

Sollte er den DaimlerChrysler-Konzern verlassen, favorisiere das Gremium eine interne Nachfolgelösung, berichtet dpa-AFX unter Berufung auf Aufsichtsratskreise. Es gebe mehrere "interessante Kandidaten".

Derzeit werde mit Cordes gesprochen, "die Entscheidung liegt ganz allein bei ihm". Einig seien sich alle 20 Mitglieder des Kontrollgremiums, dass sich Cordes in einem "relativ engen Zeitrahmen" äußern müsse.

Noch habe der Manager - trotz seines spontanen Rücktrittsangebots - die Chance zum Weitermachen. Der Aufsichtsrat sei mit seiner Arbeit in der Mercedes Car Group sehr zufrieden.

In der Sitzung der Aufseher am Donnerstag sei das Thema Cordes noch nicht behandelt worden. Cordes informierte also zunächst offenbar direkt Aufsichtsratschef Hilmar Kopper von seinen Rücktrittsgedanken. Erst nach der Sitzung hätten die Aufsichtsratsmitglieder über die überraschende Wende bei den Personalentscheidungen gesprochen.

Im Konzern wird die aktuelle Hängepartie mit großer Sorge beobachtet. Cordes habe gerade erst mit der Sanierung der Mercedes Car Group begonnen.

Wenn er jetzt gehe, wäre dies für die wichtigste Konzernsparte ein harter Schlag, hieß es.

"Häßliche Überraschung"

Unterdessen wird weiter gerätselt, warum DaimlerChrysler Schrempp ohne ein einziges Dankeswort nach zehn Jahren an der Unternehmensspitze und 44 Jahren Betriebszugehörigkeit fallen ließ.

Möglicherweise werde die wichtigste Konzerntochter Mercedes nochmals mit einer "häßlichen Überraschung" beim Ergebnis aufwarten, spekuliert das US-Wirtschaftsmagazin Business Week in seiner Internet-Ausgabe.

"Dem Unternehmen steht das Wasser bis zum Hals", wird ein namentlich nicht genannter "deutscher Manager" zitiert, der mit der Situation vertraut sein soll.

Schon vor zwölf Monaten hätte das Topmanagement der Deutsche Bank - die Großaktionärin bei DaimlerChrysler ist - diskutiert, wie Schrempp gesichtswahrend aus dem Konzern komplimentiert werden könnte.

Nach Informationen von dpa-AFX hat Schrempp in den vergangenen drei Monaten "intensive Gespräche" mit dem Aufsichtsrat geführt. Es habe Diskussionen mit Aufsichtsratschef Hilmar Kopper und anderen Mitgliedern des Kontrollgremiums gegeben, wann der richtige Zeitpunkt für den Abgang gewählt werden könne.

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