Früher Feierabend:Abendruhe für Aktien

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An der Deutschen Börse endet der elektronische Handel künftig um 17.30 Uhr statt wie bisher um 20 Uhr.

Von Martin Hesse

(SZ vom 04.09.03) - Einkaufen nach Feierabend ist den Deutschen selbstverständlich geworden. Viele Bürger schätzen es, wenn sie sich nach der Arbeit mit Aprikosen, Anzügen, aber auch Aktien eindecken können.

Doch die Aktie wird es künftig abends gewissermaßen nur noch im Tante-Emma-Laden, nicht aber im Supermarkt geben.

Die Frankfurter Wertpapierbörse, eine Tochter der Deutschen Börse, hat angekündigt, vom 3. November an die Handelszeiten zu verkürzen. Auf der elektronischen Handelsplattform Xetra werden künftig nur noch bis 17.30 Uhr, statt wie bisher bis 20 Uhr, Wertpapiere den Besitzer wechseln.

Dagegen können Anleger im so genannten Parketthandel auch künftig bis zur "Tagesschau" Aktien kaufen und verkaufen.

Irreführender Werbefeldzug

Ausgerechnet die Aktie wird schwerer verfügbar. Ein Produkt, das es sogar in der Ausführung "Volksaktie" gibt, wenn auch nur aufgrund eines irreführenden Werbefeldzuges von Bund und Telekom.

Erst im Juni 2000, kurz nach dem Höhepunkt der Börsen-Euphorie, hatte die Börse den Handel auf den Abend ausgedehnt. Damals begeisterten sich Bürger, Banken und Politiker noch am Gedeihen einer deutschen Aktienkultur.

Je freier Aktien für jeden Bürger zugänglich waren, desto besser. Die Börse selbst sowie die deutschen Großbanken - für die der Wertpapierhandel eine wichtige Geldquelle ist - argumentierten zudem, das Frankfurter Finanzzentrum könne im internationalen Wettbewerb nur mithalten, wenn der Aktienhandel ausgedehnt werde.

Es ist kein Zufall, dass ausgerechnet jetzt das Rad zurückgedreht wird. Nach drei schlechten Börsenjahren haben viele Anleger das Interesse an Aktien wieder verloren. Die Zahl der Aktionäre ist nach Angaben des Deutschen Aktieninstituts von 6,2 Millionen im Jahr 2000 auf zuletzt 4,9 Millionen zurückgegangen.

Geschäft am Abend lohnte nicht

Ausschlaggebend dafür, dass die Börse jetzt zurückrudert, ist jedoch etwas anderes: Für die Banken und die Börse hat sich das Geschäft am Abend nicht gelohnt. Nur sieben Prozent des Aktienhandels wurden zuletzt in den Abendstunden abgewickelt, die rund 23 Prozent der gesamten Handelszeit ausmachen.

Aktienhändler kosten die Banken Geld, wie Verkäufer und Kassierer die Einzelhändler. Kommen zu wenig Käufer, werden die Kosten nicht aufgewogen. "Der Test ist negativ ausgefallen", sagt André Wetzel vom Deutschen Aktieninstitut.

Es überrascht auch nicht, dass ausgerechnet der Xetra-Handel eingeschränkt wird, der Großhandel der Börse.

Die institutionellen Investoren, also Banken, Versicherungen und Fondsgesellschaften, wickeln ihre Geschäfte seit Jahren praktisch nur noch über diese elektronische Handelsplattform ab. Sie aber handeln tagsüber. In den Finanzzentren New York und London hat es bezeichnenderweise nie einen Abendhandel gegeben.

Geringe Handelsumsätze

Die Kleinanleger können auch künftig über den Parketthandel - er wird über Makler auf dem Börsenparkett abgewickelt - Aktien kaufen. Doch längst nicht alle Aktien sind dort verfügbar. Weil die Handelsumsätze auf dem Parkett sehr gering sind und Angebot und Nachfrage nicht immer zusammenpassen, zahlen Anleger zudem häufig ein paar Cent mehr.

Es ist wie im Tante-Emma-Laden: Es gibt nicht alles, und das, was es gibt, ist oft teurer als im Supermarkt.

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