Freizeitpark Deutschland:"Wir müssen noch an viele Tabus radikal ran"

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Um den Standort Deutschland zu sichern, plädiert Siemens-Chef Heinrich von Pierer für eine weitere Ausdehnung der Arbeitszeit.

"Fast auf der ganzen Welt wird länger gearbeitet als bei uns. Bei uns wird also Zeit und Wissen vergeudet", sagte von Pierer der neuesten Ausgabe des Hamburger Magazins Stern.

"Stürzt denn die Welt ein, wenn einige Menschen - und viele tun es doch längst - bei uns wieder 40 Stunden arbeiten müssen?"

Seinen Kritikern empfahl von Pierer, sich in ungarischen oder chinesischen Fabriken umzuschauen. "Die arbeiten dort fanatisch, viel härter und zäher als wir hier. Die wollen nach oben kommen." Deutschland brauche einen Bewusstseinswandel.

"Innovation statt Resignation"

"Eine neue Kultur des Optimismus muss her. Innovation statt Resignation", forderte von Pierer. Soziale Verantwortung heiße nicht, dass man alles lassen könne, wie es ist.

"Wir müssen noch an viele Tabus radikal ran", sagte von Pierer dem Stern. Als Beispiel nannte er den Flächentarifvertrag, der individueller, pragmatischer und von Betrieb zu Betrieb genutzt werden müsse.

"Mal kann das heißen, 40 Stunden zu arbeiten, mal sind 30 Stunden optimal oder auch mal mehr als 40 Stunden", betonte der Siemens-Chef.

Nur durch weltweite Wettbewerbsfähigkeit könnten Arbeitsplätze verteidigt werden. Die Kunden würden ein Siemens-Handy nicht bloß deswegen kaufen, weil es in Deutschland produziert worden sei.

"Der Kunde kauft, was preiswert ist. Der Kunde ist im Allgemeinen kein Patriot", sagte von Pierer.

Generationswechsel gut vorbereitet

Den Generationswechsel an der Siemens-Spitze bezeichnete von Pierer als gut vorbereitet. In einem halben Jahr, wenn er 64 werde, sei er im richtigen Alter, um aufzuhören. Klaus Kleinfeld, sein Nachfolger, werde dort weitermachen, wo er aufhöre.

Von Pierer wechselt nach seinem Ausscheiden aus dem Siemens-Vorstand an die Spitze des Aufsichtrates. Diese Vorgehensweise, die in Deutschland eine lange Tradition hat, wurde zuletzt auch für die Schwäche des Standortes verantwortlich gemacht. Die "Deutschland AG" sei nicht transparent genug und die Kontrollmechanismen funktionierten nicht mehr ausreichend, heißt es.

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