Freigabe der Ladenöffnungszeiten:Verkäufer müssen um Abendzuschläge fürchten

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Nach den derzeitigen Tarifverträgen fallen für die Beschäftigten des Einzelhandels vermehrt Abendzuschläge an, wenn die Ladenöffnungszeiten wie geplant bald freigegeben werden. Doch die Arbeitgeber sträuben sich.

Wegen der geplanten Freigabe des Ladenschlusses in Deutschland müssen die Beschäftigten des Einzelhandels um ihre Zuschläge für die Arbeit am Abend fürchten.

Bald länger im Einsatz: Verkäuferin im Lebensmittel-Einzelhandel. (Foto: Foto: ddp)

Das derzeitige System mit Extra-Geld ab 18.30 Uhr stamme aus dem vergangenen Jahrhundert und sei nicht mehr zeitgemäß, sagte der Geschäftsführer des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels (HDE), Hubertus Pellengahr, am Dienstag.

Die Gewerkschaft Verdi wehrt sich gegen den Vorstoß. "Wir werden uns in den Tarifverhandlungen für den Erhalt der Zuschläge stark machen", sagte Verdi-Sprecherin Cornelia Haß.

"System aus dem vorigen Jahrhundert"

"Unser Ziel sind kundenfreundliche Öffnungszeiten, und die sind mit dem derzeitigen Zuschlagsystem aus dem vorigen Jahrhundert nicht möglich", sagte Pellengahr. Die Extrazahlungen von im Schnitt 20 Prozent ab 18.30 Uhr und 50 Prozent nach 20.00 Uhr seien weder zeitgemäß noch bezahlbar.

Pellengahr warnte die Gewerkschaften, es gehe nicht um Besitzstandswahrung, denn den Zuschlag von 50 Prozent hätten in der Realität bisher nur wenige Beschäftigte bekommen, da kaum ein Geschäft nach 20.00 Uhr habe öffnen dürfen.

Wenn die Betriebe nun aber vermehrt draufzahlen müssten, weil sie länger öffneten, würden viele dem Flächentarif den Rücken kehren.

"Wichtiger Teil des Einkommens"

Die Zuschläge seien ein wichtiger Teil des Einkommens, konterte Verdi-Sprecherin Haß. Eine Verkäuferin in Vollzeit verdiene im Schnitt 2000 Euro brutto, die meisten arbeiteten jedoch in Teilzeit.

"Wenn man ihnen auch noch die paar Kröten wegnimmt, die sie zu einer Zeit verdienen, die andere mit ihrer Familie, beim Sport oder der Weiterbildung verbringen, ist das ganz schön happig", sagte Haß.

Die Verdi-Sprecherin sagte weiter, die Erfahrung zeige, dass es sich nicht lohne, die Läden nach 20.00 Uhr zu öffnen. Es entstünden nur zusätzliche Kosten, die nun den Mitarbeitern aus der Tasche gezogen werden sollen, sagte die Gewerkschafterin.

Manteltarifvertrag gekündigt

Der Manteltarifvertrag im Einzelhandel wurde von den Arbeitgebern zum Jahresende gekündigt. Bislang habe die Gegenseite aber noch nicht einmal einen Verhandlungstermin vorgeschlagen, beklagte die Verdi-Sprecherin.

Pellengahr betonte dagegen, "der Einzelhandel ist verhandlungsbereit". Es könnten jedoch keine offiziellen Tarifgespräche aufgenommen werden, solange in den Bundesländern keine rechtskräftigen Gesetze zum Ladenschluss vorlägen.

Sondierung hinter den Kulissen

Hinter den Kulissen werde aber bereits sondiert, versicherte er. Sollte bis Ende Dezember keine Einigung erzielt werden, wirke der Tarifvertrag nach, betonte Verdi. Dann müssten auch die Zuschläge weiter gezahlt werden.

Mehrere Einzelhandelsketten hatten bereits angekündigt, die Geschäfte ab Januar werktags bis 22.00 Uhr öffnen zu wollen. Einige Häuser in großen Städten wollen, sofern das Gesetz es erlaubt, bereits in der Adventszeit an Freitagen und Samstagen bis 22.00 Uhr offenstehen.

Voraussetzung ist, dass die Länder rechtzeitig vor dem Weihnachtsgeschäft die neuen Ladenschlussgesetze verabschieden. Dies wird wohl nur in einem Teil der Bundesländer der Fall sein.

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