Frankreich:Die Gauloise qualmt immer noch

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Die französische Regierung kämpft mit drastischen Abgabenerhöhungen gegen das Rauchen — doch die Verbote bewirken bisher wenig.

Gerhard Bläske

(SZ vom 17.7.2003) — Der klassische Klischee-Franzose ist ohne seine Gauloise im Mundwinkel gar nicht vorstellbar. Rauchen wird außerhalb Frankreichs quasi als Bestandteil der Lebensart des Landes betrachtet. Doch die Realität sieht anders aus: Drastische Tabak-Steuererhöhungen haben vielen Franzosen den Glimmstängel längst verleidet.

Steuererhöung um 17 Prozent

Ähnlich wie in Deutschland, nur viel konsequenter, hat die Regierung den Zigaretten den Kampf angesagt. Angesichts von jährlich 60.000 Toten durch das Rauchen und angeblichen raucherbedingten Kosten von 5,3 Milliarden Euro in der Krankenkasse, schrillen die Alarmglocken. Erst Anfang des Jahres wurde die Steuer um 17 Prozent erhöht.

Nun wurde eine weitere Anhebung um fünf Prozent beschlossen und wenn es nach Gesundheitsminister Jean-Francois Mattei geht, dann soll die Steuer jedes Jahr um 17 bis 25 Prozent steigen. Zwar ist Frankreich damit noch weit von britischen Verhältnissen entfernt.

Doch mit einem Preis von beispielsweise 3,90 Euro für eine Schachtel der Marke Marlboro liegt das Land inzwischen im europäischen Spitzenfeld. Rund 7,5 Milliarden Euro pro Jahr bringt die Steuer der Staatskasse ein.

Von der Erhöhung zu Jahresanfang erhoffte man sich Zusatzeinnahmen von etwa einer Milliarde Euro, die zu zwei Dritteln der Krankenversicherung zugute kommen sollten. Da die Zigarettenindustrie jedoch nicht die gesamte Erhöhung an die Raucher weitergab, kam weniger herein als geplant.

Regierung legte nach

Deshalb legte die Regierung nun im Rahmen eines Gesetzes, das den Verkauf von Zigaretten und Tabak zum Selbstdrehen an unter 16-Jährige bei Strafe verbietet, noch mal nach. Die Tabakgeschäfte, die gegen die neue Regelung Sturm liefen, erreichten nur eine Abmilderung der vorgesehenen Strafen.

Die Tabakwarenhändler rechnen bei einer Preiserhöhung um zehn Prozent mit einem Rückgang des Konsums um vier Prozent. Vor allem in Hafenstädten wie Marseille und Le Havre, aber auch in bestimmten Pariser Vierteln, wird jedoch zunehmend Schwarzmarktware verkauft.

Obwohl die Franzosen gerne und viel rauchen und die Verbotszonen in Restaurants und Cafés lange Zeit nur Alibi-Funktion hatten, finden die Maßnahmen der Regierung starke Zustimmung. 63 Prozent der Befragten begrüßen regelmäßige, starke Preiserhöhungen.

Drastische Maßnahmen

Die Regierung begleitet ihren Kampf gegen das Rauchen mit drastischen Maßnahmen: Vor einigen Monaten wurde etwa im Fernsehen vor einem "Produkt des täglichen Gebrauchs" gewarnt, das "Spuren von Blausäure, Quecksilber und Ammoniak" enthalte. Wer Genaueres wissen wolle, solle die angegebene Telefonnummer wählen. Anrufer, die trotz der völlig überlasteten Leitungen durchkamen, erfuhren, dass es sich um Zigaretten handelt.

Frankreich verfügt schon seit 1991 über ein Anti-Raucher-Gesetz, das 1998 verschärft wurde. Es gehört zu den strengsten in Europa. Werbung für Zigaretten ist im Gegensatz zu Deutschland seit langem verboten. Auch das Rauchen in Schulen und in öffentlichen Verkehrsmitteln sowie an öffentlichen Orten ist im Prinzip untersagt.

Doch nach anfänglichen Rückgängen stagniert der Zigarettenkonsum in der letzten Zeit - wohl auch, weil die Verbote oft nicht eingehalten wurden. Die jüngsten Maßnahmen sollen nun vor allem darauf abzielen, Jugendliche davon abzuhalten, mit dem Rauchen anzufangen.

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