Frankfurt:EZB vor Leitzins-Erhöhung

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Die Europäische Zentralbank wird die Ära historisch niedriger Leitzinsen an diesem Donnerstag beenden - trotz massiver Kritik aus der Politik.

Alle 30 von der Nachrichtenagentur AFX befragten Bankenvolkswirte rechnen mit einer Zinserhöhung um 0,25 Punkte auf 2,25 Prozent. Es wäre die erste Erhöhung seit fünf Jahren und die erste Veränderung seit zweieinhalb Jahren.

Europäische Zentralbank in Frankfurt (Foto: Foto: AP)

"Die EZB wird ihre Zinssätze, die im Moment sehr niedrig sind, normalisieren. Wegen der Fragilität der Konjunkturerholung wird dieser Prozess schrittweise erfolgen", sagte Volkswirt Olivier Bizimana von Credit Agricole. "Die EZB dürfte den Worten nun Taten folgen lassen", erwarten auch die Volkswirte von HSBC Trinkaus & Burkhardt.

Risiken für Rentenstabilität

EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hatte mehrfach eine moderate Zinserhöhung in Aussicht gestellt. "Nach zweieinhalb Jahren unveränderter Leitzinsen auf einem historisch außergewöhnlich niedrigen Niveau, denke ich, dass der Rat bereit ist zu einer Entscheidung, die Zinsen zu verändern und das aktuelle Niveau moderat anzuheben, um das erkannte Maß an Risiken für die Preisstabilität zu berücksichtigen", sagte Trichet vor einem Ausschuss des EU-Parlaments.

Mit der Zinserhöhung will die EZB rechtzeitig Gefahren für die Preisstabilität begegnen. "Vorbeugen ist besser als heilen", sagte Trichet. Wegen der hohen Energiepreise rechnen die Währungshüter mit einer erhöhten Inflationsrate in den nächsten Monaten. Im Oktober hatte die Inflationsrate vor allem wegen der hohen Ölpreise bei 2,5 Prozent und damit deutlich über der Zielmarke der EZB von knapp unter zwei Prozent gelegen. Höhere Zinsen verteuern indirekt Kredite für Verbraucher und Unternehmen, was die Nachfrage und am Ende den Preisauftrieb bremsen kann.

Kritik von Finanzminister

Aus den Reihen der EU-Finanzminister kam wegen der bislang nur moderaten Konjunkturbelebung scharfe Kritik an der geplanten Zinserhöhung. Der Vorsitzende der Eurogruppe, Luxemburgs Ministerpräsident Jean-Claude Juncker, sagte, er halte eine Zinserhöhung "nicht für zwingend geboten". Die Entwicklung der Tariflöhne sei trotz gestiegener Ölpreise moderat. Wenn die EZB die Zinsen erhöhe, stehe sie "in der Beweispflicht, dass es damit nicht zu einem Einknicken der noch zarten Wachstumskräfte kommt."

Während die Zinserhöhung als ausgemachte Sache gilt, ist unter Beobachtern strittig, wie stark die EZB zu Zügel in den kommenden Monaten anziehen wird. Einige Volkswirte erwarten eine Anhebung bis auf 3,50 Prozent, andere sagen maximal 2,50 Prozent voraus.

Keine Serie

Nach Trichets Worten steht die EZB nicht am Beginn einer Serie von Zinserhöhungen. "Es wäre keine gute Arbeitshypothese, von vornherein anzunehmen, dass wir eine Serie von Zinserhöhungen beginnen wollen", sagte der EZB-Chef. Neue Hinweise auf die künftige Geldpolitik werden auf der Pressekonferenz direkt im Anschluss an die Zinsentscheidung erwartet.

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