Folgen des Frankfurter Bestechungsskandals:Eine Branche unter Druck

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Offene Immobilienfonds sind bei Anlegern beliebt, denn sie gelten als sicher. Experten kritisieren jedoch die mangelnde Transparenz der Fonds, weil sie in der Regel keine Verkehrswerte für ihre Objekte ausweisen.

Von Simone Gröneweg

Bei den Immobiliengesellschaften herrscht offenbar große Nervosität. Die Ermittlungen gegen einen ehemaligen Geschäftsführer der Deka Immobilien GmbH haben die Branche aufgeschreckt.

Der Bestechungsskandal beim Deka Immobilienfonds hat die Branche in Unruhe versetzt. (Foto: Foto: dpa)

Der Manager soll ebenso wie ein früherer Chef der DB Real Estate in einen Korruptionsskandal verwickelt sein, dessen Ausmaße noch nicht erkennbar sind. Mindestens 40 Personen, unter anderem die beiden Top-Manager stehen in dem Verdacht, sich im Zuge von Immobiliengeschäften bereichert zu haben.

Die Deka Immobilien gehört nach eigenen Angaben zu den größten Anbietern von offenen Immobilienfonds in Deutschland. Die Tatsache, dass auch ein ehemaliger Deka-Manager in den Fall verwickelt ist, lenkt das Interesse auf eine Branche, die sich bei Anlegern seit einigen Jahren extremer Beliebtheit erfreut.

2002 und 2003 absolute Ausnahmejahre

Investoren steckten in den vergangenen Jahren ihre Ersparnisse mit Vorliebe in offene Immobilienfonds. Im Jahr 2003 waren es 13,7 Milliarden Euro, 2002 sogar 15 Milliarden Euro.

Absolute Ausnahmejahre, heißt es in der Branche. Die Folge dieser Entwicklung: Derzeit befinden sich nach Angaben des Bundesverbandes Investment und Asset Management (BVI) mehr als 87 Milliarden Euro in offenen Immobilienfonds.

Bei der Bestechungsaffäre geht man in der Branche bislang offiziell von einem Einzelfall aus. Da sei jemand den Verlockungen des Geldes unterlegen, so ein Sprecher des BVI. "Das Investmentgesetz, unsere Wohlverhaltensregeln sowie die interne Revision sollten solche Fälle eigentlich verhindern", so der Sprecher.

Hinzu komme, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht die einzelnen Fonds und die Geschäftsführungen der Fondsgesellschaften beobachte und bei Unregelmäßigkeiten aktiv werde. "Trotzdem kann das passieren", sagt der Sprecher.

Bei befragten Fondsgesellschaften heißt es, man sei einfach nur überrascht. Offenbar besteht die Befürchtung, dass der Skandal ein schlechtes Licht auf die gesamte Branche werfen könnte.

Geschätzter Verkehrswert als Bewertungsgrundlage

Zumal die Fonds von einigen Experten immer wieder kritisiert werden. Denn die Gesellschaften lassen ihre Objekte nach dem Kauf von einem unabhängigen Sachverständigen schätzen. Nicht der gezahlte Preis, sondern der geschätzte Verkehrswert bildet die Berechnungsgrundlage für die Fondsanteile. Dieses Bewertungsverfahren wird bemängelt.

"Die Tatsache, dass die meisten Fonds keine Verkehrswerte ihrer Objekte veröffentlichen und auch zu den Mieten keine Angaben machen, lässt das Geschäft undurchsichtig erscheinen", sagt Alexandra Merz, Fondsexpertin bei der Ratingagentur Scope.

Von außen sei nur schwer zu beurteilen, ob die Fonds ihre Objekte überhaupt marktgerecht bewertet hätten. Würden die Gesellschaften mit den Daten offener umgehen, gäbe es eine Flut von Analysten, die diese Fonds beobachten würden. "Die derzeitige Praxis führt aber dazu, dass die Fonds kaum jemand bewertet", so Merz.

Breites Portfolio

Einige Charakteristika machen offene Immobilienfonds andererseits für Anleger attraktiv: Das Ersparte steckt in einem breit gestreuten Immobilienportfolio, der Investor braucht sich nicht selbst um die Verwaltung zu kümmern.

Zudem ist er schon mit relativ geringen Einlagen dabei. Hinzu kommt, dass er die Anteile jederzeit wieder verkaufen kann, was bei geschlossenen Immobilienfonds nur begrenzt möglich ist.

Doch auch Daniel Piazolo, Immobilienexperte beim Analysehaus Feri Research, ist der Ansicht, dass die Fonds bei den Angaben zu ihren Portfolios transparenter werden müssten. "Es geht schließlich um riesige Summen."

Professionalisierung

Doch Ungereimtheiten wie jetzt in Frankfurt würden in der Zukunft wahrscheinlich eher auffallen, da der Markt insgesamt professioneller geworden sei, glaubt der Immobilienexperte.

"Der Druck in der Branche ist allgemein größer geworden", sagt er. "Die Unternehmen müssen sich stärker gegenüber Investoren rechtfertigen, was mit deren Geld passiert." So würden mittlerweile auch Studiengänge im Bereich Immobilienwirtschaft angeboten, das habe es vor zehn bis 15 Jahren noch nicht gegeben.

Auch die extrem hohen Mittelzuflüsse bei den offenen Immobilienfonds hätten den Trend zur Professionalisierung verstärkt, glaubt Piazolo. Doch die Geldschwemme hatte auch einen Nachteil: Er setzte die Manager unter Zugzwang. Manche parkten das Vermögen zum Teil in niedrig verzinsten Geldmarktfonds, was zwangsläufig die Rendite schmälerte. Andere Verwalter stürzten sich auf die wenigen attraktiven Objekte am Markt, was zu einer extremen Konkurrenzsituation bei den Fonds führte.

© SZ vom 4.9.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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