Folgen der Finanzkrise:Milliardengeschenk für US-Banken

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Der amerikanische Finanzminister Paulson meint es gut mit den einheimischen Banken: Sie können still und leise Steuergeschenke von bis zu 140 Milliarden Dollar einstreichen.

Charles E. Schumer verlangt eine Erklärung. Der demokratische Senator aus New York hat Ende Oktober einen Brief an Finanzminister Henry ("Hank") Paulson geschrieben. Gemeinsam mit vielen anderen Steuerexperten fragt Schumer, wie Paulson auf die Idee gekommen ist, Section 382 der amerikanischen Steuergesetze für Banken faktisch außer Kraft zu setzen.

Finanzminister Henry Paulson: Geschenke für die Ex-Kollegen. (Foto: Foto: dpa)

Dieses Steuergesetz wurde 1986 vom US-Kongress verabschiedet, um einen Missbrauch des Steuersystems durch Unternehmen zu verhindern. Einfach gesagt geht es dabei um die Praxis, verlustreiche Unternehmen allein deshalb zu kaufen, um damit die Gewinnsteuern des kaufenden Unternehmens zu mindern. Ende September hat Finanzminister Paulson amerikanischen Finanzinstituten genau diese Praxis wieder erlaubt. Senatoren, Kongressabgeordnete und Experten wittern hinter diesem Schachzug ein Geschenk des Ministers an seine ehemaligen Kollegen. Paulson war vor seinem Amtsantritt Chef der US-Investmentbank Goldman Sachs.

Erboste Senatoren

Die US-Anwaltskanzlei Jones Day hat die Steuergeschenke bereits berechnet. Den Steuerexperten zufolge wird allein die US-Bank Wells Fargo durch die Übernahme des Konkurrenten Wachovia rund 25 Milliarden Dollar an Steuern sparen. Jones Day schätzt die gesamte erzielbare Steuerersparnis der US-Banken auf rund 140 Milliarden Dollar. Der New Yorker Steuerexperte Robert Willens ist der Washington Post zufolge etwas vorsichtiger und rechnet mit 105 bis 110 Milliarden Dollar.

Unabhängig von der Summe der Steuergeschenke sind Senatoren wie Schumer erbost über die Vorgehensweise des Finanzministers. Im Gegensatz zu dem 700-Milliarden-Dollar-Rettungspaket der US-Regierung sind die Steuergeschenke an keinerlei Bedingungen geknüpft. "Geld für die Rettung des Finanzsystems sollte nicht dazu benutzt werden, Bankenübernahmen zu finanzieren oder die Boni von Managern zu erhöhen", schrieb beispielsweise der republikanische Kongressabgeordnete John Boehner (Ohio) an seinen Parteifreund Paulson.

Während sich Experten noch darüber streiten, ob der Finanzminister überhaupt das Recht hatte, Ende September eine solch weitreichende Änderung des Steuergesetzes zu verfügen, geht es Senator Schumer vor allem um die Auswirkungen. Er schreibt: "Ich fürchte, dass die amerikanischen Steuerzahler wegen dieser Regelung noch viele Milliarden mehr als die vom Kongress bewilligten Hunderte Milliarden Dollar bezahlen werden."

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