Flughafen Hahn:Fertig machen zur Landung

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Der Hunsrück-Flughafen war stets von der Billigfluggesellschaft Ryanair abhängig. Die startet und landet inzwischen aber lieber anderswo. (Foto: Fredrik von Erichsen/dpa)

Ein chinesischer Investor übernimmt den verlustreichen Regionalflughafen. Aber es gibt noch wichtige Hindernisse.

Von Jan Willmroth, Mainz

Die Erleichterung ist ihm anzusehen, als der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) am Donnerstag den Plenarsaal des Landtags betritt. Endlich sieht es so aus, als könne man dieses Kapitel abschließen und damit eine peinliche, für Land und Steuerzahler verlustreiche Geschichte hinter sich lassen: Das Land Rheinland-Pfalz verkauft seine Mehrheit am Regionalflughafen Hahn für 15,1 Millionen Euro an den chinesischen HNA-Konzern. Der Kaufvertrag ist unterschrieben. "Ich bin zuversichtlich, dass die Ungewissheit um den Flughafen nun ein gutes Ende finden kann", sagte Lewentz im Haushaltsausschuss des Landtags.

Die schwarz-grüne Regierung in Hessen hatte sich allerdings im letzten Moment überraschend zurückgezogen. Hessen hält 17,5 Prozent der Anteile am Hahn; sie sollten an die pfälzische Gesellschaft ADC gehen. Den für Mittwoch angesetzten Notartermin sagte Hessen ab. Hintergrund war wohl ein überraschender Gesellschafterwechsel seitens ADC. "Bei der Vorgeschichte, die der geplante Verkauf des Hahn hat, sind wir doppelt vorsichtig", sagte Hessens Finanzminister Thomas Schäfer (CDU). Die Verhandlungen gehen indes weiter.

Aus Sicht der Regierung in Mainz ändert diese Verzögerung nichts an der Zukunft des Flughafens. Lange war unklar, ob es überhaupt eine geben würde. Mit den neuen Investoren hat der Provinzflughafen zumindest wieder eine Perspektive. HNA kündigte an, das Fracht- und Passagiergeschäft wieder auszubauen, machte in den Verhandlungen - wie jeder andere Bieter - aber zur Bedingung, weitere Landesbeihilfen zu erhalten. Lewentz rechnet mit zusätzlichen Kosten von maximal 75 Millionen Euro, die in den kommenden Jahren den Haushalt belasten. Die im Vertrag vorgesehenen Betriebsbeihilfen muss die EU-Kommission nun noch genehmigen. Auch die Zustimmung des Landtags zum Verkaufsgesetz steht noch aus, ebenso kartellrechtliche und außenwirtschaftliche Genehmigungen. Lewentz hofft, dass bis Mai alles abgeschlossen ist.

So schnell wird sich der ehemalige Militärflugplatz nicht profitabel betreiben lassen

Unter Ex-Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) hatte das Land den Flughafen im Hunsrück einst mit großen Ambitionen übernommen: Aus dem ehemaligen Militärflugplatz sollte für viele Millionen Euro ein regionales Drehkreuz für Luftfracht und Touristen werden. Nach kurzer Zeit wurde das Vorhaben zum Verlustgeschäft mit einem jährlichen Fehlbetrag von 15 bis 17 Millionen Euro. Aus eigener Kraft konnte der Flughafen nicht mehr überleben. Nach jahrelangen Millionenverlusten war klar: Entweder man findet einen Käufer oder die Ära Hahn endet mit der Insolvenz.

Im Juni hatte die Mainzer Landesregierung einen vermeintlichen Käufer präsentiert, war aber offensichtlich Hochstaplern aufgesessen. Die angeblichen Investoren aus Shanghai kannte niemand, sie konnten nicht einmal die in China erforderliche Genehmigung für Auslandsinvestitionen vorweisen. Für die neu gewählte Landesregierung um Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) war das eine absurde Peinlichkeit. Dem Flughafen drohte das Aus; Dreyer musste ein Misstrauensvotum überstehen, der Innenminister um seinen Job fürchten. Im zweiten Verkaufsprozess wechselte die Regierung die Berater und achtete akribisch darauf, dass nichts mehr schiefging. Lewentz war Anfang Februar sogar eigens nach Hainan gereist, um sich die Zentrale von HNA anzusehen.

Für den chinesischen Mischkonzern ist die Hahn-Übernahme eine von zahlreichen Investitionen, um das Europa-Geschäft auszubauen. Die einstige Fluglinie ist weltweit auf Einkaufstour, zuletzt hatte sich das Unternehmen für 755 Millionen Euro gut drei Prozent der Anteile der Deutschen Bank gesichert. In China betreibt HNA bereits 13 Flughäfen und 14 Fluggesellschaften. Die 15 Millionen Euro für die Hahn-Mehrheit sind verglichen mit den sonstigen Aktivitäten des Konzerns wenig.

Und doch nicht unbedeutend, für das Land und die Region, aber auch für HNA selbst. Dem Konzern dürfte bewusst sein, dass der Hahn so schnell keine Gewinne abwerfen wird. Der Investor sehe einen erheblichen Sanierungsstau am Flughafen, hieß es in Mainz. Für den Anfang sind jeweils drei zusätzliche Fracht- und Passagierflüge pro Woche geplant. In Kürze könnte zudem die Frachtlinie Yangtze River Express den Hahn wieder anfliegen, die zum HNA-Konzern gehört. Dieser dürfte den Flughafen nach einer Weile auch nutzen, um vermehrt chinesische Touristen nach Deutschland zu fliegen.

Denn einerseits ist die Rhein-Main-Region mit dem Finanzzentrum Frankfurt nur etwas mehr als 100 Kilometer entfernt, was schon für die alte Landesregierung immer ein Argument war, an den Flughafen zu glauben. Andererseits interessieren sich chinesische Touristen in Deutschland besonders für Trier, die Geburtsstadt des in China verehrten Theoretikers Karl Marx. Im kommenden Jahr steht dessen 200. Geburtstag an.

© SZ vom 03.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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