Firmeninsolvenzen:Kreditversicherer sorgen sich um China

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Das Land ist ein wichtiger Handelspartner. Weil das Wachstum nachlässt, steigt in dem Land das Risiko von Unternehmenspleiten.

Von Friederike Krieger, Köln

Deutsche Unternehmen, die mit chinesischen Firmen Geschäfte machen, müssen sich auf Gegenwind gefasst machen. "Eine der größten Gefahren für die Weltwirtschaft ist eine harte Landung der chinesischen Wirtschaft", sagt Thomas Langen. Er verantwortet beim Kreditversicherer Atradius das Geschäft in Deutschland, Mittel- und Osteuropa. Außerdem ist er Vorsitzender der Kommission Kreditversicherung des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft.

Konnte China früher mit zweistelligen Zuwachsraten auftrumpfen, rechnen die Kreditversicherer für 2015 und 2016 nur mit einem Wirtschaftswachstum von sieben Prozent. China leide unter einer hohen Verschuldung von inzwischen 280 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und Überkapazitäten in Branchen wie Bau, Stahl, Metall und Chemie. Langen rechnet damit, dass die Zahl der insolventen Unternehmen in China in diesem Jahr um 25 Prozent auf 3300 steigen wird und im kommenden Jahr um nochmals 20 Prozent auf 4000. Die Zahlen wirken im Vergleich zur Insolvenzentwicklung im Deutschland zwar gering - in diesem Jahr rechnen die Kreditversicherer hier mit 23 400 Firmenpleiten, was als niedrigster Wert seit 20 Jahren gilt. Allerdings hat China auch ein anderes Insolvenzrecht. Ein streng geordnetes Insolvenzverfahren wie in Deutschland gibt es nicht, viele Firmen machen einfach zu, wenn sie zahlungsunfähig sind. Zudem gelten Insolvenzregeln nicht für kleine Firmen.

Kreditversicherer haben die Entwicklung der Firmeninsolvenzen weltweit genau im Blick. Sie versichern Unternehmen gegen das Risiko, dass ihre Abnehmer pleitegehen und Rechnungen nicht mehr zahlen können. Steigt die Zahl der Insolvenzen, verzeichnen die Gesellschaften höhere Schäden. Deutsche Exporteure werden die Wachstumsdelle in China zu spüren bekommen, glaubt Langen. Denn das Land ist nach Frankreich, den USA und Großbritannien der viertgrößte Handelspartner Deutschlands. Das Handelsvolumen betrug 2014 etwa 75 Milliarden Euro. Den Unternehmen machen nicht nur Zahlungsverzögerungen und -ausfälle ihrer Handelspartner zu schaffen. "Dazu kommt, dass chinesische Gerichte kaum dabei helfen, ausstehende Forderungen durchzusetzen", berichtet Langen. Er rät deutschen Firmen, in Verträgen mit chinesischen Geschäftspartnern Hongkong als Gerichtsstand zu vereinbaren. Hier sei die Situation besser. Von Gerichtsständen außerhalb Chinas rät Langen ab. Dort erzielte Urteile ließen sich in China kaum vollstrecken.

Sanktionen und weniger Handel - in Russland wächst das Risiko, pleitezugehen

Unter der schwächelnden chinesischen Wirtschaft leiden vor allem Autohersteller und Maschinenbauer. "Die Automobilhersteller können aber die gesunkene Nachfrage mit guten Absatzzahlen in Europa und den USA nicht nur ausgleichen, sondern überkompensieren", sagt er. Die Kreditversicherer gewähren trotz der schwierigeren Lage nach wie vor Deckungen. "Unternehmen können noch ausreichend Kreditversicherungsschutz für China bekommen", sagt Langen.

Die Kreditversicherer können es sich auch kaum leisten, China aufzugeben. Der große Markt ist für die Gesellschaften äußerst wichtig. Denn die angestammten europäischen Märkte wie Deutschland gelten als gesättigt. Der Wettbewerb zwischen den Platzhirschen Euler Hermes, Coface und Atradius drückt auf die Preise. Das zeigt sich bei den Prämieneinnahmen der deutschen Kreditversicherer: In den ersten neun Monaten 2015 sanken sie leicht um 0,3 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro, obwohl der Wert der versicherten Waren und die Zahl der Verträge gestiegen sind.

Auch die wirtschaftliche Entwicklung in Russland beunruhigt die Kreditversicherer. Die gegenseitigen Sanktionen, mit denen sich Russland auf der einen und Deutschland sowie die EU auf der anderen Seite belegt haben, lassen die Exporte in das Land zurückgehen und belasten die Wirtschaft. Auch hier rechnen die Kreditversicherer mit einer starken Zunahme der Insolvenzen um 30 Prozent in diesem Jahr und vier Prozent im kommenden Jahr.

Trotz der zunehmenden Pleiten in den Auslandsmärkten mussten die Kreditversicherer in den ersten neun Monaten des Jahres nur 402 Millionen Euro für Schäden zahlen, das sind 3,9 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Grund dafür ist die abnehmende Zahl von Firmenpleiten in Deutschland. Allerdings gab es auch Großschäden in diesem Jahr. So kostete die Insolvenz des niederländischen Bautechnikkonzerns Imtech die Kreditversicherer bisher rund 58 Millionen Euro. Der Konzern, der auch eine Tochtergesellschaft in Deutschland hat, war im August 2015 pleitegegangen und beschäftigt unter anderem wegen Korruptionsdelikten beim Bau des Flughafens Berlin Brandenburg die Justiz.

© SZ vom 10.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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