Firmengeschichte:Vom Labor auf den Acker

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(Foto: SZ)

Bayer begann 1863 mit Farbstoffen, entdeckte später das Aspirin und sucht seine Zukunft nun in der Landwirtschaft.

Von Varinia Bernau

Mehr als 1000 Glühbirnen stecken in dem Bayer-Kreuz, das auf halber Strecke zwischen Düsseldorf und Köln leuchtet: Es ist das Wahrzeichen von Leverkusen, und das, was viele Menschen mit dem Traditionskonzern verbinden. Patienten, die zu Aspirin greifen, ebenso wie Anleger, die sich über eine Verdoppelung des Aktienkurses innerhalb der vergangenen fünf Jahre freuen durften. Der große Gewinnbringer war zuletzt die Pharmasparte, die etwa die Hälfte zum Konzernumsatz von 46,3 Milliarden Euro im vergangenen Jahr beiträgt. Vor allem mit rezeptpflichtigen Medikamenten wie dem Blutgerinnungshemmer Xarelto und dem Augenmittel Eylea macht Bayer viel Geld.

Begonnen hat das Unternehmen, das heute 117 000 Mitarbeiter weltweit beschäftigt, im Sommer 1863 mit der Herstellung von Farbstoffen. Friedrich Bayer, Gründungsvater und Namensgeber des Konzerns, stammte aus einer Familie, die ihr Geld mit der Verarbeitung von Seide verdiente. Mit der klassischen Chemie ist der Konzern groß geworden, hat sich aber aus diesem Bereich immer weiter zurückgezogen. Das Geschäft mit Kunststoffen, Kautschuken und speziellen Chemikalien wurde 2005 abgespalten und unter dem Namen Lanxess an die Börse gebracht. Zehn Jahre später trennte sich Bayer auch von der Entwicklung von Lack-, Kleb- und Dichtstoffsystemen, die nun in dem eigenständigen Börsenunternehmen Covestro gebündelt sind.

Dafür entdeckte Bayer bereits um die Jahrtausendwende das Geschäft mit anderen chemischen Produkten: solchen, die Schädlinge vom Acker und aus dem Garten fernhalten. 2001 sicherten sich die Leverkusener die Pflanzenschutzsparte von Aventis. Mit 7,25 Milliarden Euro war es der größte Kauf, den sich Bayer in seiner Geschichte bis dahin geleistet hatte. Ein Jahr später übernahm der Konzern von Aventis auch noch die Saatgutsparte. Die Agrarchemie steuert etwas mehr als ein Fünftel zum Konzernumsatz bei. So wurde Bayer zum zweitgrößten Anbieter von Pflanzenschutzmitteln nach dem Schweizer Unternehmen Syngenta, das nun vom chinesischen Staatskonzern Chem China für 43 Milliarden Dollar übernommen wird. Ende 2015 wurde in den USA der Zusammenschluss von Dow Chemical und Dupont auf den Weg gebracht. Wieso, so fragten Anleger auf der Hauptversammlung Ende April, finden all die Fusionen eigentlich ohne Bayer statt?

Zu der Zeit verhandelten die Manager von Bayer und Monsanto bereits. Bekannt wurde das Ende Mai. Weil den Amerikanern ein Lapsus passiert sei, wie Konzernchef Werner Baumann betont. Manche Beobachter meinen allerdings, dass Monsanto das habe durchsickern lassen, um Druck aufzubauen und den Preis in die Höhe zu treiben. 66 Milliarden Dollar zahlt Bayer nun für den wichtigsten Saatguthersteller der Welt. So könnte Bayer zum mächtigsten Anbieter von Agrarchemie werden. Es ist aber auch diese Macht, die Bauern und Umweltschützer fürchten.

© SZ vom 10.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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