Zwar steigen die Kurse an der Wiener Börse, gleichzeitig droht der Finanzplatz jedoch an Bedeutung zu verlieren. In den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der börsennotierten Unternehmen in Österreich von 127 auf 79 zurückgegangen. Gerade viele kleine und mittelständische Firmen zogen sich vom Handel zurück, aber auch größere Spieler verlassen die Börse. So hat RHI, die weltweite Nummer eins für Feuerfestprodukte, im Herbst angekündigt, sich nach der Fusion mit einem brasilianischen Konkurrenten vor allem in London listen zu lassen. Im Leitindex ATX wird ein Unternehmen für RHI nachrücken, doch die absolute Zahl an börsennotierten Unternehmen wird wahrscheinlich weiter sinken. Denn in den vergangenen Jahren haben kaum neue Unternehmen den Schritt an die Börse gewagt.
"Österreich hat eine sehr mittelständisch geprägte Unternehmensstruktur", sagt Josef Zechner von der Wirtschaftsuniversität Wien. In Zeiten, in denen Mittelständler ihre Investitionen günstig über Kredite finanzieren können, sei es weniger attraktiv geworden, Aktien auszugeben. "Das liegt auch daran, dass die mit einem Listing verbundenen Regulierungskosten für kleine Unternehmen kaum geringer sind als für große", kritisiert Zechner. Für Christoph Boschan, den Vorstandsvorsitzenden der Wiener Börse, ist die Entwicklung keine rein österreichische. "Es ist ein globaler Trend, dass die Listungen an den Börsen abnehmen", sagt er, "wir sehen das auch in anderen europäischen Ländern und in den USA." Ein Grund: Immer mehr Unternehmen fusionierten, sagt Boschan. Wenn aus zwei Unternehmen eines wird, lasse es sich oft nur noch an einem Börsenplatz listen. "In so einem Fall ist es das Schicksal einer kleinen Volkswirtschaft, eher Ziel von Übernahmen zu sein als andersherum", sagt Boschan. Der Börsenchef setzt jetzt unter anderem auf Listings von Anleihen. "In diesem Segment wachsen wir", sagt er.