Finanzinvestor David Montgomery:Prophet ohne Sendung

Lesezeit: 2 min

Es ist der Absturz des Jahres: Warum der britische Finanzinvestor David Montgomery mit seinem europäischen Zeitungskonzern am Boden liegt.

Marc-Felix Serrao

Vor genau einem Jahr berichtete die britische Wochenzeitung Observer über die erfolgreichsten Zeitungsbesitzer 2007. Der erste Preis, hieß es, gebühre einem Mann, den viele für eine "angestammte Hassfigur" hielten: David Montgomery, Chef der Mecom-Holding.

David Montgomery und seine Mecom-Gruppe: Eine schlechte Nachricht jagte 2008 die nächste. (Foto: Grafik: SZ)

Wie sehr habe sich die Welt doch in ihm geirrt, stellte der Observer fest. Montgomery, der ehemalige Boulevardjournalist, sei in Wahrheit "Mr Big", ja, ein "Prophet", dem nach einer nur zweijährigen Einkaufstour durch Europa Zeitungen in Norwegen, Polen, Dänemark, den Niederlanden und Deutschland gehörten. "Tritt vor, David Montgomery", bilanzierte das Blatt. "Eines nahes Tages werden selbst deine schärfsten Kritiker zugeben müssen, dass du etwas Außergewöhnliches geschafft hast."

Zwölf Monate später hat Montgomery tatsächlich etwas Außergewöhnliches geschafft: den Absturz des Jahres.

Die schlechten Nachrichten kamen gleich zu Beginn dieses Jahres. Am 8. Januar erlebte die Mecom-Gruppe den größten Kurseinbruch seit ihrem Börsengang im März 2007. Der Wert der Aktie fiel zeitweise um die Hälfte. Auslöser waren Gerüchte, der Gewinn der Beteiligungsgesellschaft sei eingebrochen, Montgomery sagte damals: Das Ergebnis werde "den Erwartungen entsprechen". Am Ende des 8. Januar ist Mecom noch 520 Millionen Pfund (695 Millionen Euro) wert.

Lage beim Berliner Verlag eskaliert

Eine Woche später eskaliert die Lage beim Berliner Verlag, der seit 2005 zur Londoner Gruppe zählt. Montgomery erwartete angeblich eine Rendite von 20 Prozent, hieß es. Nach einem angekündigten Stellenabbau forderten die Redakteure der Berliner Zeitung ihren Besitzer auf, den Verlag wieder zu verkaufen.

Chefredakteur und Geschäftsführer Josef Depenbrock, der den Sparkurs seines Chefs bis heute mitträgt, wurde zum Rücktritt aufgefordert. Wird sich der Wunsch der Redaktion nun mit einjähriger Verzögerung erfüllen. Kauft DuMont (Frankfurter Rundschau), wie jetzt das Gerücht geht, den Berliner Verlag?

Eine schlechte Nachricht jagte 2008 die nächste - aus Montgomerys Sicht. Der frühe Aktiencrash und die Revolte der deutschen Redakteure waren symptomatisch für den Vertrauensverlust, der den Briten im Laufe der Monate erst hier und da und dann mit voller Wucht ereilte.

Da ist die Börse, die das Vertrauen in ein Geschäftsmodell verliert, in dem 300 Zeitungstitel und Internetportale in fünf europäischen Ländern verschmelzen, doch die Maschine wirft keine ausreichenden Profite ab. Die internationale Nachrichtenproduktion und Anzeigenakquise, von der Montgomery träumt, geht nicht auf. Die Märkte sind zu verschieden.

Mecom ist nicht die WAZ

In Deutschland basteln auch viele Zeitungshäuser daran, Redaktionen zusammen zu legen, um profitabel zu bleiben. Doch Mecom ist nicht die WAZ. Was alteingesessene deutschen Verlegern in Krisenzeiten schon schwerfällt, würde Montgomery nie gelingen, da sind sich inzwischen alle einig.

In der Branche gilt er bestenfalls noch als undurchsichtig. Und das nicht nur in Deutschland: Neben der Berliner Zeitung gelten inzwischen etliche Mecom-Blätter als verkaufsreif: die polnische Zeitung Rzeczpospolita zum Beispiel. An ihr soll der Springer-Konzern Interesse haben, der auf dem dortigen Markt bereits stark vertreten ist.

Und dann ist da noch der Umgang des selbsternannten "Verlegers" mit seinen Journalisten. Hohe Renditen und kaum Investitionen - diese Devise gilt bei Mecom überall. Montgomery selbst betont zwar stets, dass er keine "Heuschrecke", sondern als alter Sun-Reporter vom Fach sei; dass er etwas vom Zeitungsgeschäft verstehe. Geglaubt hat ihm das nie jemand, nirgendwo, vom Kolumnisten des Observer mal abgesehen.

Am Ende dieses Jahres sitzt der "Prophet" Montgomery, den nur Freunde "Monty" nennen, auf einem Schuldenberg von mehr als 600 Millionen Euro, und die Mecom-Aktie ist weniger als einen Penny wert - womit der Wert des Konzerns auf 13,5 Millionen Pfund (circa 14 Millionen Euro) geschrumpft ist. Die Banken haben noch einen Aufschub gewährt, er gilt als der letzte.

Wenn die Zahlen sich nicht wie durch ein Wunder bis Februar verbessern, wird es eng für den 60-Jährigen. Am Ende dürfte es für ihn nur noch darum gehen, seine Beteiligungen zu halbwegs vernünftigen Preisen zu verkaufen. Sonst hätte sich die "Perlenkette" von Zeitungen, die Montgomery quer durch Europa knüpfen wollte, letztlich als Strick entpuppt.

© SZ vom 31.12.2008/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: