Fernabsatzgeschäft:Mehr Rechte beim Vertrag per Mausklick

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Das Finanzgeschäft am Telefon oder am Computer ist schnell gemacht, manchmal mit fatalen Folgen... Seit dieser Woche sind die Kunden besser geschützt, denn ihr zweiwöchiges Widerrufsrecht kann keine Vertragsklausel mehr einschränken.

Von Thomas C. Münster

Seit dieser Woche darf der Kunde, der Finanzdienstleistungen übers Internet, Telefon oder per Post geordert hat, sich seinen Entschluss noch zwei Wochen nach Vertragsabschluss überlegen und wieder aussteigen, falls er seine Meinung ändert.

"So schnell geht das..." — Vertragsabschluss per Mausklick. (Foto: Foto: ddp)

Denn am Mittwoch trat das Gesetz zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen in Kraft. Damit gibt es nun bei Finanzdienstleistungen zum Schutz der Verbraucher Spezialregeln für den Absatz übers Internet, Telefon oder per Post.

Allerdings müssen bestimmte Voraussetzungen vorliegen, damit der Kunde sich auf die neuen Bestimmungen berufen kann.

Kein persönlicher Kontakt

Zunächst einmal muss es sich bei dem Geschäft um eine Finanzdienstleistung handeln. Darunter fallen Bankdienstleistungen wie eine Kontoeröffnung, Zahlungsverkehr, Dienstleistungen rund um Kreditgewährung oder Geldanlage sowie Versicherungen.

Für Versicherungsverträge gibt es allerdings noch Spezialbestimmungen. Zudem muss es sich um ein Geschäft im Privatbereich handeln. Als Beispiel: Wer eine Privathaftpflichtversicherung übers Internet abschließt, erfüllt diese Bestimmung. Und natürlich muss ein so genanntes Fernabsatzgeschäft vorliegen.

Solche Geschäfte werden ausschließlich durch Fernkommunikation, also per Brief, Telefon, Fax oder Internet getätigt. Wenn auch nur ein Schritt - zum Beispiel die Kontaktaufnahme, Information, Verhandlungen, Abschluss - im persönlichen Kontakt erfolgt ist, handelt es sich nicht mehr um ein Fernabsatzgeschäft.

Willkommener Notausstieg

Widerruf rechtzeitig abschicken: Der Kunde muss seinen Widerruf innerhalb von zwei Wochen abschicken, eine Begründung ist nicht nötig. Er kann ihn per Fax oder E-Mail senden, wenn Name oder Unterschrift darunter stehen.

Ein telefonischer oder mündlicher Widerruf ist unwirksam. Im Streitfall muss der Verbraucher beweisen, dass er den Widerruf rechtzeitig abgeschickt hat und dass er auch angekommen ist. Fax und E-Mail seien daher riskant, warnen Experten.

Bestreitet das Unternehmen den Empfang, sei das Gegenteil kaum zu beweisen. Sind zwei Wochen um, kann der Widerruf nicht nachgeholt werden. Sicherheit geben Einschreiben mit Rückschein, die persönliche Übergabe vor Zeugen oder gegen Empfangsbestätigung.

Informationspflicht des Anbieters

Anbieter hat Informationspflichten: Grundsätzlich beginnt die Zweiwochenfrist für den Widerruf bei Abschluss des Vertrages. Dazu muss das Unternehmen aber auch seine Informationspflichten erfüllt haben.

Das bedeutet, es muss den Kunden klar und verständlich über sein Recht belehren und ihm weitere Auskünfte zum Geschäft geben (siehe "Mehr zum Thema").

Alle Informationen muss es schriftlich erteilen und den Zugang im Streitfall sogar beweisen. Wird der Kunde erst nach dem Vertragsabschluss ordnungsgemäß informiert, verlängert sich die Widerrufsfrist ab diesem Zeitpunkt auf einen Monat.

Hat der Kunde keine korrekten Information erhalten, läuft die Frist überhaupt nicht. Das bedeutet, er kann noch nach Jahren widerrufen.

Nach den Erfahrungen mit anderen Fernabsatzgeschäften, für die vergleichbare Informationspflichten schon seit gut vier Jahren gelten, sind häufige Informationsfehler zu erwarten - für die Verbraucher manchmal nach längerer Zeit ein willkommener Notausstieg.

Kein Schutz bei Spekulation

Das Widerrufsrecht bietet keinen Schutz gegen Kursrisiken. Es greift nicht bei spekulativen Geschäften wie dem Kauf von Aktien, Investmentscheinen, Devisen, Derivaten oder Geldmarktinstrumenten. Wer hier Fernabsatzgeschäfte macht, muss auch in Zukunft vorher überlegen, was er tut.

Eine weitere Ausnahme gilt, wenn beide Seiten den Vertrag auf ausdrücklichen Wunsch des Kunden vollständig erfüllt haben, bevor er das Widerrufsrecht ausgeübt hat.

Besonderheiten für Versicherungen: Auch Versicherungsverträge für den Privatbereich, die übers Internet, Telefon oder per Post geschlossen wurden, können zwei Wochen widerrufen werden.

Die Frist bei Lebensversicherungen und Verträgen über die Altersversorgung von Einzelpersonen beträgt allerdings 30 Tage. Kein Widerrufsrecht gibt es für Policen mit einer Laufzeit von weniger als einem Monat, das betrifft vor allem Reiseversicherungen.

Die Versicherung muss nur die Prämien zurückzahlen, die sie nach dem Zugang des Widerrufs kassiert hat, falls sie den Kunden ordnungsgemäß belehrt hat und der Versicherungsschutz mit seiner Zustimmung vor Ende der Widerrufsfrist begann.

Kostenlose Schlichtungsverfahren

Für Verbraucher, die sich mit einem Anbieter über einen solchen Vertrag streiten, werden kostenlose Schlichtungsverfahren angeboten.

Dafür ist bei Versicherungsverträgen der Versicherungs-Ombudsmann (www.versicherungsombudsmann.de, Telefon: 0180 / 4224 424) zuständig, bei privaten Kranken- und Pflegeversicherungen der PKV-Ombudsmann (www.pkv-ombudsmann.de, Telefon: 0180 / 2550 444).

Bei anderen Fernabsatz-Finanzdienstleistungsgeschäften hilft die Schlichtungsstelle der Deutschen Bundesbank weiter (www.bundesbank.de, Telefon: 069 / 23881907). Sowohl Kunden als auch Anbieter können die Schlichtungsstelle anrufen.

© SZ vom 9.12.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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