Fed erhöht Leitzins:Greenspans letzter Akt

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Normalerweise machen die Zinserhöhungen der US-Notenbank die Schlagzeilen, doch an diesem Dienstag war alles anders. Der Bote stand mehr im Rampenlicht als seine Botschaft.

Die Zinssitzung war Alan Greenspans letzter Akt als Chef der Notenbank (Fed). Und die Ära Greenspan ging gewohnt routiniert zu Ende, mit der 14. Zinsanhebung in Folge um 25 Basispunkte auf jetzt 4,5 Prozent. Kein Wort verlor der Ausschuss über die historische Sitzung. Der Name Greenspans tauchte in der Stellungnahme nur nüchtern in der Liste derjenigen auf, die für die Zinsanhebung gestimmt hatten.

Alan Greenspan (Foto: Foto: AP)

Wenn der Ausschuss am 28. März zusammentritt, sitzt nach mehr als 18 Jahren erstmals ein anderer als Greenspan im Chefsessel: Ben Bernanke (52), der bisherige Wirtschaftsberater des Präsidenten, übernimmt das Ruder. Er wurde am Dienstag im Senat wie erwartet bestätigt. Den Amtseid legt er wahrscheinlich nächste Woche ab.

Trotz des historischen Wechsels an der Fed-Spitze war die Devise der Notenbank "Business as usual", wohl ganz nach dem Geschmack des öffentlich oft spröde wirkenden Greenspan. Wie gewohnt schritt er am Morgen in die Bank, was folgte, war eine detaillierte Betrachtung der Wirtschaftsdaten, wobei Greenspan in üblichem Stil wahrscheinlich die obskursten Statistiken aus seiner verknautschten Ledertasche zog. Das war sein Markenzeichen: aus ungewöhnlichen Erhebungen über regional unterschiedliche Stimmungen, Aufträge und Unternehmerpläne den Puls der Wirtschaft abzulesen. Mit der Methode entdeckte er beispielsweise in den 90er Jahren als erster und entgegen offiziellen Statistiken enorme Produktivitätsschübe.

Politiker und Ökonomen warten gespannt, was Greenspan so zu sagen hat, wenn er die Fesseln des öffentlichen Amtes abgelegt hat. Denn unter der strengen Hülle, die die Rolle des Geldhüters ihm auflegte, gilt Greenspan als richtig spritzig. Und der in Washington als Partylöwe bekannte Greenspan hat nicht vor, seine restlichen Tage auf dem Golfplatz zu verbringen. Er will eine Consultingfirma gründen, verlautete aus seinem Freundeskreis. Als mächtigster Notenbanker der Welt, der vier Präsidenten begleitete und die Wirtschaft durch zwei Rezessionen und die längste Aufschwungphase der Nachkriegszeit bugsierte, darf er auch als Redner mit höchsten Gagen rechnen.

In die Niederungen des "normalen" Lebens, in dem nicht jeder Handschlag von anderen erledigt wird, sei er schon herab gestiegen, versicherte seine Frau Andrea Mitchell kürzlich. Greenspan lerne, selbst im Internet zu recherchieren und sei dabei, eine eigene E-Mail-Adresse einzurichten. Und wer weiß, ob Greenspan nach 18 Jahren mit Chauffeur die Straßen Washingtons demnächst nicht in einem Porsche Boxster unsicher macht. Das Auto im Wert von 50.000 Dollar gewann er gerade rechtzeitig im Herbst auf einem Wohltätigkeitsball in Washington.

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