FAQ:Wie die Fonds funktionieren

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Breit diversifiziert sollte der Index sein und die Kosten gering. Was Anleger beachten sollten.

Von Christiane Kaiser-Neubauer

Börsengehandelte Indexfonds, sogenannte Exchange Traded Funds (ETF), sind derzeit die Erfolgsgeschichte der Geldanlage. Die Nachfrage wächst seit ihrer Einführung stark und wird durch das aktuelle Umfeld weiter befeuert. In den vergangenen 15 Jahren ist das Segment in Deutschland auf mehr als 300 Milliarden Euro gewachsen. Weltweit beträgt der Kapitalstock in ETF rund 2,8 Billionen Dollar, bis 2020 wird eine Verdoppelung erwartet. "Der Erfolg der ETF ist ein langfristiger Trend. Gründe für die hohe Nachfrage sind die niedrige Zinssituation, die vergleichsweise sehr geringen Kosten sowie die relativ einfache Handhabung der ETF", sagt Bernd Kalis, Leiter Wertpapier-Produkte im Privatkundengeschäft der HVB. Das große Geld am ETF-Markt stammt von institutionellen Anlegern wie Privatbanken und Pensionskassen. Die Kombination aus Risikostreuung eines Fonds mit der Handelbarkeit einer Aktie macht ETF besonders attraktiv für Privatanleger. Doch was ist bei der Auswahl zu beachten? Ein Überblick.

Was sind ETF ?

Börsengehandelte Fonds bilden einen festgelegten Index wie den Deutschen Aktienindex (Dax) und dessen Wertentwicklung ab. Statt einer einzelnen Aktie oder Anleihe kauft der Anleger einen ganzen Korb von Wertpapieren, eben Dax-Unternehmen, in einem Produkt. Die Anzahl der einzelnen Fondswerte orientiert sich an der Gewichtung der Firmen im zu Grunde liegenden Index. Fällt oder steigt der Dax, tut das auch der Fonds. ETF können an der Börse laufend gekauft und verkauft werden.

Welche Arten von ETF gibt es?

Das Angebot an ETF ist mittlerweile sehr umfangreich. Es gibt ETF für verschiedene Länder, Branchen und Anlageklassen wie Aktien, Anleihen, Rohstoffe oder Währungen zu kaufen. Je nach Art der Nachbildung eines Index unterscheidet man zwei Fonds-Varianten: physisch replizierende und synthetische. Bei physischen ETF kauft der Emittent exakt die Wertpapiere in der Gewichtung des Zielindex. Gängige Praxis ist oft eine Wertpapierleihe. Dabei werden Wertpapiere des ETF verliehen, um zusätzliche Erträge zu erwirtschaften. Synthetische Fonds werden hingegen mittels Derivaten nachgebildet. Zur Versicherung der Wertentwicklung des Fonds kommen Tauschgeschäfte (Swaps) zwischen ETF-Anbieter und Swap-Partner zum Einsatz. "Synthetische Indexfonds sind per se nicht schlechter als replizierende. Die Indexdarstellung kann durch synthetische Produkte sogar genauer abgebildet werden, und zweitens ergibt sich oft ein Steuervorteil, der das Nettoergebnis erhöht", sagt Merten Larisch, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Bayern. Dividenden durch Swaps sind Kursgewinne und erst nach dem Fondsverkauf zu versteuern.

Für wen eignen sich ETF?

Grundsätzlich sind ETF allen Anlegern zu empfehlen, die am Kapitalmarkt investieren wollen. Verbraucher können über die Fonds mit wenig Aufwand in mehreren Anlageklassen ihr Geld anlegen. "Wir empfehlen zur Bestückung des Wertpapierbereichs mit Aktien und Anleihen ausschließlich ETF. Ihr Mehrwert gegenüber gemanagten Fonds überzeugt", sagt Larisch. Die Risikostreuung macht ETF gerade für kleine Investments sowie den sicheren Vermögensaufbau attraktiv. ETF-Sparpläne gibt es ab 25 Euro im Monat. Wer rasch Liquidität braucht, kann die Fonds jederzeit über die Börse verkaufen. Da die Wertentwicklung des ETF und des Zielindex publik sind, ist Transparenz gegeben.

Wie sicher sind ETF?

Entscheidend ist, worin der Fonds investiert. Auch hier gilt, je breiter der Fonds streut, desto geringer ist das Verlustrisiko. Im Pleitefall sind Anleger geschützt. "Indexfonds gelten wie gemanagte Fonds auch als Sondervermögen. Somit hat im Insolvenzfall von Fondsgesellschaft oder Bank der Konkursverwalter keinen Zugriff auf das verwaltete Vermögen. Es gehört weiterhin den Anlegern", sagt Larisch. Ausnahme: Indexprodukte auf Rohstoffe, die auch als Exchange Traded Commodities (ETC) bezeichnet werden. Hier besteht die Gefahr, dass Emittenten ausfallen. Die Sorge, der Hype des Marktes könnte zu Verwerfungen führen, teilen Experten nicht. "Ich sehe aufgrund der großen Volumina, die weltweit in ETF investiert sind, keine größere Gefahr als bei anderen Anlagen auch, falls theoretisch betrachtet alle Anleger ihr Geld auf einmal abziehen. Aber dies wäre bei jeder anderen Anlageform ebenso eine Herausforderung", sagt Kalis.

Was ist bei der Auswahl zu beachten?

Das ETF-Angebot ist groß und wächst jährlich. Aktuell gibt es weltweit bereits mehr als 5000 Indexfonds. Allgemein empfehlen Experten, einen breit diversifizierten Index zu wählen und auf die Kosten zu achten. Egal, ob Anleger sich für einen speziellen Branchenindex in den Schwellenländern oder den breit aufgestellten MSCI World mit Aktien aus den Industrieländern entscheiden. Die Selektion sollte anhand objektiver Kriterien erfolgen. "Wir haben aktuell 65 verschiedene ETF auf unserer Empfehlungsliste von den Standard- Aktienindizes über Emerging Markets bis zu Rohstoff- und Rentenmärkte. Auswahlkriterien sind unter anderem die tatsächliche Abbildung der einzelnen Aktien, die laufenden Kosten sowie die Liquidität eines Fonds und seine steuerliche Behandlung", sagt Kalis.

Wie hoch sind die Gebühren?

Die vorgegebene Zusammensetzung der ETF macht eine Optimierung durch einen Fondsmanager überflüssig. Diese passive Anlagestrategie bewirkt den deutlichen Kostenvorteil gegenüber aktiv gemanagten Fonds. "Die durchschnittlich laufenden Kosten für einen Aktien Indexfonds betragen 0,3 Prozent im Jahr, für einen gemanagten Aktienfonds hingegen 2 Prozent", sagt Larisch. Darüber hinaus ersparen sich Anleger den teuren Ausgabeaufschlag, der bei herkömmlichen Fonds die Rendite empfindlich schmälert. Zusätzliche Kosten verursacht der Spread, die Differenz zwischen Kauf- und Verkaufspreis. Je großvolumiger der Fonds, desto geringer der Spread. Bleiben Depot- und Ordergebühren. Erstere sind bei Direktbanken und Online-Brokern häufig kostenfrei, Ordergebühren sind bei Banken und Brokern zu zahlen.

Wo rauf sollten Verbraucher achten?

Der Erfolg der ETF hat die Fondsgesellschaften erfinderisch gemacht. Um dem Preiskampf bei den herkömmlichen ETF zu umgehen, bieten sie vermehrt aktiv gemanagte ETF oder ETF mit aktiven Elementen an. Diese Produkte versprechen, eine höhere Performance zu erzielen, sind aber in der Regel deutlich teurer.

Wie kann man Indexfonds erwerben?

Wer einen Fonds an der Börse oder im elektronischen Handel kaufen will, benötigt ein Wertpapierdepot. Dies kann bei einer Bank, Direktbank oder einem Broker eröffnet werden. Der Kauf über die Börse bei einer Direktbank ist die kostengünstigste Variante. Wichtig ist, die Kapitalanlage regelmäßig zu prüfen und gegebenenfalls eine Wiederanpassung durchzuführen. Liegt der Aktienanteil des Portfolios etwa aufgrund von Kursgewinnen nicht mehr bei den ursprünglichen 20 Prozent, muss er aktiv zurückgeführt werden.

© SZ vom 21.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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