Familienunternehmen:Familien auf dem Index

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Inhabergeführte Firmen schlagen sich gut an der Börse, die Privatbank Hauck & Aufhäuser widmet ihnen nun ein neues Börsenbarometer.

Simone Boehringer

Firmenpatriarchen kommen wieder in Mode - auch an den Aktienmärkten. "Wer mit seinem guten Namen und seinem Geld für Fehlentscheidungen geradestehen muss, trifft an der Börse derzeit auf weit größere Resonanz als rein managergeführte Unternehmen", sagt Robert Suckel, geschäftsführender Gesellschafter von SES Research, einem auf kleinere Firmen fokussierten Aktienanalyse-Haus in Hamburg.

"Ideal ist eine Beteiligung der Eigentümer um die 30 Prozent", erläutert Martin Wirth. Er ist Vorstandsmitglied der Frankfurt Performance Management, einem der erfolgreichsten Fondsberater für deutsche Aktien. "Die Gründer haben dann genügend Mittel in der Firma und sie behandeln sie wie eine private Geldanlage. Gleichzeitig ist der Aktienmarkt für sie so relevant, dass sie präsent sind und die nötige Transparenz bieten", sagt Wirth.

Zwar wünschen sich die Profis keine Firmengründer alten Schlages, Patriarchen wie Alfred Krupp, die durch die Werkshallen marschieren, um ihre Arbeiter anzutreiben. Vom visionären Geist jener Generation und deren Hartnäckigkeit könnten die Firmen heute nach Ansicht vieler Geldverwalter allerdings gar nicht genug bekommen.

Irrtümer der New Economy

Bei Alfred Junker stoßen sie auf offene Ohren: "Inhabergeführte Unternehmen repräsentieren unsere Wirtschaft nicht nur besser als die Großkonzerne des Dax, sie sind oft erfolgreicher, auch an der Börse", meint der persönlich haftende Gesellschafter des Bankhauses Hauck & Aufhäuser.

Der Privatbankier bringt deshalb zusammen mit der Baader Wertpapierhandelsbank und der Börse München einen neuen Aktienindex auf den Markt, der auf die spezielle Situation von Firmen in Familienbesitz besser eingehen möchte. "Viele von ihnen haben die Globalisierungskarte weit vor den Großen gespielt, nur hat das an der Börse kaum jemand honoriert", sagt Junker. Das große Geld sei lange woanders hingeflossen - eine Fehlentwicklung, der die Bank nun mit der Entwicklung des Hauck&Aufhäuser-Familienindexes, kurz Hafix, entgegenwirken möchte.

"Es herrschte lange die Meinung vor, hundert Prozent kapitalmarktgetriebene Unternehmen seien effizienter und besser als andere", sagt Christine Bortenlänger, Geschäftsführerin der Börse München. "Ein Trugschluss", wie sich nach dem Platzen der New-Economy-Blase und auch danach gezeigt habe. Die Hypothekenkrise in Amerika, die sich immer mehr zu einer Bankenkrise ausweitet, verstärkt nach Ansicht von Marktbeobachtern in jüngster Zeit noch den Trend nach verlässlichen Informationen und Beständigkeit - wie ihn inhabergeführte Firmen offensichtlich repräsentieren.

Den neuen Index, der von Baader börsentäglich berechnet und von der Münchner Börse auch den großen Finanzagenturen angeboten wird, gibt es in zwei Varianten: dem Hafix Deutschland (HafixD), der 20 Unternehmen enthält (Tabelle), und dem Hafix Europa mit insgesamt 30inhabergeführten Unternehmen aus Westeuropa. Kriterium für die Aufnahme in das Barometer ist neben dem Börsenwert die Höhe des Engagements der Firmeninhaber.

"Nur wenn ein Aktionär oder mehrere Anteilseigner zusammen mindestens eine Sperrminorität von 25 Prozent an einem Unternehmen halten oder sie in Vorstand und Aufsichtsrat bei wenigstens 20 Prozent Aktienanteil einen direkten Einfluss auf die Strategie haben, kommen sie als Kandidaten in Frage", erläutert Index-Entwickler Volker Riehm von Hauck & Aufhäuser. Index-Mitglieder müssen ein tägliches Handelsvolumen an der Börse von mindestens fünf Millionen Euro aufweisen.

Nun sind Junker, Baader und die Münchner Börse nicht die Ersten, die eine solche Idee haben. So hat die Deutsche Börse mit dem MDax, dem SDax, dem TecDax schon seit langem drei etablierte Aktienindizes im Programm, die 19 der 20 inhabergeführten Unternehmen enthalten, die den Hafix Deutschland ausmachen.

Der zwanzigste Wert ist Porsche. Der Auto-Konzern ist trotz eines Börsenwerts von knapp 13 Milliarden Euro in keinem Index der Deutschen Börse vertreten, weil er Quartalsberichte ablehnt. Sie sind Voraussetzung für die Frankfurter Indizes. Auch in dem von der Deutschen Börse berechneten German Entrepreneurial Index (Gex), bislang einziger direkter Konkurrent des HafixD, kommt Porsche nicht vor.

Für die Aufnahme in den Hafix genügt es, wenn die Firmen halbjährlich berichten, wie es für alle regulierten Börsensegmente in Deutschland vorgeschrieben ist. "Quartalszahlen verleiten Anleger und Management dazu, die kurzfristige Ausrichtung über die langfristige Strategie des Unternehmens zu stellen", gibt Index-Entwickler Riehm die Haltung seines Hauses wieder. Damit folgt Hauck & Aufhäuser der Argumentation von Porsche-Chef Wendelin Wiedeking. "Quartalsberichte dienen nur den Banken und der Börse, die damit ihren Umsatz erhöhen", polterte der Manager.

Alle Titel gleich gewichtet

Und noch eine Besonderheit gibt es im Hafix: Alle Titel gehen, unabhängig von ihrem Börsenwert, mit dem gleichen Prozentsatz in die Berechnung der Indizes ein. "Das Potential eines Unternehmens hat mit dem Einfluss der Inhaber zu tun, unabhängig von der Größe der Gesellschaft. Das wollen wir dokumentieren", erklärt Aufhäuser-Vorstand Junker.

Die Bank wirkt damit auch Bedenken von Großanlegern entgegen, die ein Engagement scheuen, wenn ein Barometer stark von wenigen Aktien dominiert wird. Im Hafix Deutschland wiegt SAP mit einem Börsenwert von 43 Milliarden Euro und einer Gewichtung von fünf Prozent genauso viel wie der Finanzdienstleister MLP, der mit knapp 900 Millionen Euro Marktkapitalisierung schon bald zum Absteiger mutieren könnte.

Im Hafix Europa ist der Unterschied zwischen dem teuersten Konzern Roche (Börsenwert: 83,6 Milliarden Euro) und dem billigsten Unternehmen Merck KGaA (5,2 Milliarden Euro) noch drastischer. Dennoch geht jede der 30 Aktien mit genau 3,33 Prozent in den Index ein.

Ähnlich wie bei den Index-Wechseln der Deutschen Börse wird auch die Zusammensetzung der Hafix-Barometer viermal im Jahr von einem Gremium überprüft, demnächst wieder Anfang Dezember. Aufstiegschancen in den Deutschland-Index werden dem Abfüllanlagen-Hersteller Krones und der Drogeriekette Douglas zugetraut.

Krones ist im Gex enthalten. Douglas dagegen hätte, wie die meisten der im Hafix Deutschland notierten Werte, keine Chance bei der Konkurrenz. Der Gex berücksichtigt nur Firmen, die höchstens zehn Jahre an der Börse sind. Trotzdem ist das bislang einzige echte "Unternehmerbarometer" Deutschlands relativ erfolgreich: Es gibt drei Index-Zertifikate und 14 Optionsscheine auf den Gex und damit mehr Produkte als auf den älteren SDax.

© SZ vom 22.11.2007/bpr/mah - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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