Fall Mannesmann/Vodafone:Finanzaufsicht hat Bedenken gegen Deutsche-Bank-Chef

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Die Finanzaufsicht BaFin hat erhebliche Zweifel, ob Josef Ackermann die Deutsche Bank noch führen kann, sobald das Gerichtsverfahren gegen ihn beginnt. Die Behörde, die dem Finanzministerium untersteht, will ihre Bedenken noch Anfang dieser Woche mitteilen. Finanzminister Eichel erklärte dagegen dem Angeklagten sein Vertrauen. Ackermann lehnt einen Rücktritt ab.

Von Lothar Gries und Ulrich Schä

(SZ vom 22.09.2003) - Die BaFin sorgt sich, Ackermann werde durch das Verfahren im Fall Mannesmann/Vodafone möglicherweise so sehr in Anspruch genommen, dass er seinen Sorgfaltspflichten als Bankchef nicht mehr nachkommen kann. Dies erfuhr die Süddeutsche Zeitung aus Aufsichtskreisen in Bonn. Die BaFin beaufsichtigt alle deutschen Kreditinstitute. Die Gerichtsverhandlung gegen Ackermann und fünf andere Aufsichtsräte und Manager von Mannesmann wird im Oktober oder November eröffnet und zieht sich wahrscheinlich mehrere Monate lang hin. Das Düsseldorfer Landgericht hat angekündigt, an zwei Tagen in der Woche zu verhandeln. Ackermann hat sich deshalb bereits ein zweites Büro in Düsseldorf einrichten lassen.

Eichel stützt Ackermann

Finanzminister Hans Eichel versuchte am Rande der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Dubai, Gerüchte über solch einen Schrit t der BaFin zu zerstreuen: "Es gilt bis zu einem rechtskräftig abgeschlossenen Prozess die Unschuldsvermutung." Ackermann habe das "volle Vertrauen" der Regierung. Auch die Deutsche Bank erklärte, ein derart massiver Eingriff der BaFin entbehre jeder Grundlage. Ackermann sei weiter in der Lage, die Bank zu leiten.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 55-jährigen Schweizer und fünf weiteren Aufsichtsräten sowie Managern von Mannesmann - darunter der ehemalige Vorstandsvorsitzende Klaus Esser, der einstige Aufsichtsratschef Joachim Funk und Ex- IG-Metall-Chef Klaus Zwickel - vor, am Ende des Übernahmekampfes zwischen Mannesmann und Vodafone zu Unrecht Erfolgs- sowie Pensionszahlungen genehmigt zu haben. Dadurch soll das Unternehmen um bis zu 57 Millionen Euro geschädigt worden sein. Das Düsseldorfer Landgericht hatte am Freitag entschieden, die Anklage zuzulassen.

"Eine Frage der Ehre"

Ackermann, der seit einem Jahr das größte deutsche Kreditinstituts leitet, will trotz des bevorstehenden Gerichtsverfahrens nicht zurücktreten. "Ich ge-nieße vollen Rückhalt und werde das durchziehen. Ich habe seither Dutzende von Telefonanrufen bekommen, die mich unterstützen", sagte er der Nachrichtenagentur Bloomberg. Am Rande des G7-Ministertreffens leitete Ackermann dort eine Konferenz des International Institute of Finance (IIF).

Am Sonntag lehnte Ackermann in einer Pressekonferenz jede weitere Stellungnahme ab. Vorstand und Aufsichtsrat der Deutschen Bank hatten sich hinter ihn gestellt. Ackermann trug in der Pressekonferenz auch nicht ein vorbereitetes Statement vor, wonach er für sein Recht kämpfen werde und sich über die Unterstützung der Regierung freue. Anstelle Ackermanns versicherte sein IIF-Stellvertreter Cees Maas von der niederländischen ING-Gruppe, der Chef der Deutschen Bank sei "ein hoch angesehener und integrer Vorstandsvorsitzender". Ein Sprecher der Deutschen Bank erklärte: "Herr Ackermann hält sich für absolut unschuldig." Deshalb hätten dessen Anwälte auch nicht versucht, sich im Vorfeld mit dem Gericht auf die Zahlung einer Geldstrafe durch ihren Mandaten zu verständigen, um so das monatelange Verfahren abzuwenden. "Das ist eine Frage der Ehre", sagte der Sprecher.

Unverständnis über Verfahren gegen Ackermann

Als positiv wurde in der Deutschen Bank bewertet, dass sich neben Eichel noch andere Politiker hinter den angeklagten Bankchef gestellt hätten. "Die Anklageerhebung ist ein Schlag gegen den Wirtschaftsstandort Deutschland", sagte die CDU-Vorsitzende Angela Merkel. Auch Wirtschaftminister Wolfgang Clement (SPD) warnte vor einer Vorverurteilung des Managers.

Im Lager der Sparkassen stößt die Zulassung des Verfahrens gegen Ackermann auf Unverständnis. Zwar hält sich der Sparkassenverband offiziell bedeckt, doch im kleinen Kreis heißt es, ein solches Vorgehen schade dem Finanzplatz Deutschland und werde im Ausland, vor allem in London, mit Schadenfreude beobachtet. Mit Genugtuung wird in Frankfurter Finanzkreisen zudem die Entscheidung Ackermanns registriert, nicht zurückzutreten. Das operative Geschäft der Bank, so die Aussage, werde ohnehin nicht vom Vorstand, sondern vom Executive Committee geleitet. Entscheidend sei, ob die Bank durch das Verfahren einen Imageschaden erleide und sich dies im Aktienkurs niederschlage.

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