Fahrgastrechte:Bahn muss mehr entschädigen

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Wer zu spät ankommt, bekommt bisher oft keinen finanziellen Ausgleich - denn den gibt es erst, wenn die Verspätung mindestens eine Stunde beträgt. (Foto: Daniel Bockwoldt/dpa)

Der Konzern zahlt seinen Fahrgästen wegen Verspätungen fast 54 Millionen Euro. Immer mehr Reisende nehmen damit ihre Rechte wahr. Noch mehr muss die Bahn jedoch regionalen Bestellern zahlen.

Ein paar Minuten können schon zu viel sein: Kommt der ICE zu spät, ist der Anschlusszug weg, und der Fahrgast wartet eine Stunde oder mehr auf dem Bahnsteig. Wegen solcher Ärgernisse muss die Bahn ihren Kunden immer höhere Entschädigungen zahlen. 2018 waren es im Nah- und Fernverkehr 53,6 Millionen Euro, wie eine Bahnsprecherin der dpa sagte. 2017 ließen sich Bahnkunden 34,6 Millionen Euro erstatten. Immer mehr Reisende nehmen ihre Rechte wahr: 2,7 Millionen füllten im vergangenen Jahr das Fahrgastrechte-Formular aus, 50 Prozent mehr als 2017. Auch die durchschnittliche Entschädigungssumme steigt: Knapp 20 Euro waren es 2018, im Vorjahr noch gut 19 Euro.

Am Entschädigungssystem sind zahlreiche Bahnunternehmen beteiligt. Der weitaus größte Teil der Summe betrifft aber üblicherweise den Fernverkehr, den fährt fast nur der Staatskonzern. Jeder vierte Fernzug kam 2018 zu spät. Die Bahn verwies auf externe Einflüsse: Stürme, Starkregen, Blitzeinschläge und Trockenheit bremsten die Züge aus. Hinzu kamen eine Streckensperrung nach dem Brand in einem ICE und ein Warnstreik im Dezember.

Bei der Entschädigung gilt seit dem Sommer 2009: Kommt der Reisende mindestens eine Stunde zu spät, erhält er auf Antrag ein Viertel des Fahrpreises zurück. Ab zwei Stunden ist es die Hälfte. Von Juli 2009 bis Juni 2010 hatten sich noch 800 000 Fahrgäste an das Servicecenter Fahrgastrechte gewandt. Kunden müssen meist nur einmal das zweiseitige Formular abschicken, auch wenn sie mit mehreren Zugbetreibern unterwegs waren. Künftig können sich geschädigte Kunden vielleicht noch mehr Geld zurückholen. Das EU-Parlament fordert, dass schon ab einer Stunde Verspätung die Hälfte des Fahrkartenpreises fällig wird, ab eineinhalb Stunden dann drei Viertel. Bei mehr als zwei Stunden soll nach dem Willen der EU-Parlamentarier der volle Preis erstattet werden.

Nicht nur die Kunden verlangen Geld zurück, wenn die Bahn unpünktlich ist. Im Regionalverkehr kürzen die Besteller die vereinbarten Zahlungen, wenn die Unternehmen dem Fahrplan hinterher fahren. Allein der Deutschen Bahn entgehen so Jahr für Jahr mehr als 200 Millionen Euro. Sie hat im Regionalverkehr etwa 70 Prozent Marktanteil. Die Entschädigungen schmälern damit den Gewinn, der 2017 bei einem Umsatz von 42,7 Milliarden Euro noch bei 765 Millionen Euro lag.

© SZ vom 19.02.2019 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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