Ex-Bertelsmann-Manager:Sonderbonus aus Kalifornien

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Geschworene aus Kalifornien sorgen womöglich für eine satte Gehaltsaufbesserung zweier deutscher Manager: Der Medienkonzern Bertelsmann soll den zwei Ex-Geschäftsführern 208 Millionen Dollar zahlen. Die beiden Manager hatten auf einen "fairen Anteil" am Verkaufserlös der früheren Konzerntochter AOL Europe geklagt.

Die Jury des Gerichts im kalifornischen Santa Barbara warf Bertelsmann Vertragsbruch vor. Der Anwalt des Gütersloher Konzerns, Anthony Murray, sagte nach dem Urteilsspruch, dass es für Bertelsmann "nicht akzeptabel" sei, den beiden Klägern die vorgeschlagene Summe von 208 Millionen Euro zu zahlen.

Bertelsmann-Zentrale in Gütersloh (Foto: Foto: dpa)

Die Entscheidung werde weder der Faktenlage noch deutschem Recht gerecht, sagte zudem ein Konzernsprecher am Freitag in Gütersloh. Der frühere Konzernchef Thomas Middelhoff, der wesentlich an dem AOL-Geschäft beteiligt gewesen war, wollte sich zu dem Urteil nicht äußern.

Aus Sicht des Kläger-Anwalts Bill Price könnte die Summe deutlich höher ausfallen, "wenn die Forderungen der Jury in den verschiedenen Anklagepunkten zusammengerechnet werden". Price nannte einen Betrag von bis zu einer Milliarde Dollar. Eine weitere Anhörung, bei der der zuständige Richter den Betrag bekannt gibt, wird in den nächsten zwei Wochen erwartet.

Die beiden früheren Bertelsmann-Manager Andreas von Blottnitz und Jan Henric Buettner hatten das Unternehmen auf einen "fairen Anteil" an dem Erlös aus dem Verkauf der Bertelsmann-Beteiligung an AOL Europe verklagt.

Anfängliche Milliardenforderung

Dabei war seitens der Kläger anfangs von 3,5 Milliarden US-Dollar die Rede gewesen. Bertelsmann hatte seine Anteile im Jahr 2000 für mehr als 6,5 Milliarden Dollar an den US- Konzern AOL Time Warner verkauft.

Ulrich Koch, Chef-Syndikus von Bertelmann, bezeichnete das Urteil als "zwiespältig". Er werte es als einen Erfolg, dass die Milliardenforderung abgewiesen wurde, bezeichnete aber die von der Jury verhängte Millionensumme als "viel zu viel".

Koch und Murray stellten in Aussicht, einen neuen Prozess zu beantragen oder gegen das Urteil Berufung einzulegen.

In dem im September begonnenen Prozess argumentierten die Kläger, ihnen sei eine Erfolgsbeteiligung während ihrer Zeit bei Bertelsmann zugesichert worden, als sie maßgeblich zum Aufbau von AOL-Europe beigetragen hätten.

Koch zufolge wurde den beiden Managern zwar eine "unternehmerische Beteiligung" an einem Programm für Führungskräfte angeboten, aber keine "Kapitalbeteiligung". Die Juroren in Kalifornien hätten dies fälschlicherweise als Erfolgsbeteiligung angesehen.

Umfangreiche Übersetzungen

Für den Prozess wurden nach Murrays Angaben Tausende Seiten mit deutschem Text ins Englische übersetzt. Die Geschworenen hörten unter anderem Zeugenaussagen von dem früheren Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff und dem Ex-Vorsitzenden von AOL, Stephen Case, die beide die Ansprüche der Kläger zurückwiesen.

Von 1995 bis 1997 war Buettner Geschäftsführer von AOL Deutschland gewesen. Von Blottnitz übernahm seinen Posten bis 1999. Seit seinem Umzug nach Santa Barbara leitet Buettner das Unternehmen BV Capital, an dem die Bertelsmann AG eine Zehn-Prozent-Beteiligung hält. Von Blottnitz ist der Chef einer Tochterfirma in Kalifornien.

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