Europäische Nebenwerte:Spitzengewinne mit der richtigen Auswahl

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Größe allein ist nicht alles: Wer sein Geld in mittelgroße und kleine Aktienwerte gesteckt hat, konnte vergangenes Jahr Spitzenrenditen herausholen. Auch für 2005 sieht der Markt bisher prächtig aus - Fondsmanager warnen jedoch vor zu viel Euphorie.

Von Thomas Öchsner

Ende der neunziger Jahre waren sie verpönt, jetzt sind die Small und Mid Caps, wie sie im Fachjargon heißen, wieder gefragt: Ob Großanleger wie Versicherungen, Pensionsfonds und Wagniskapitalgesellschaften oder Privatanleger - in Europa stürzen sich derzeit viele Investoren auf Nebenwerte.

Mitarbeiter des niederländischen Logistikunternehmens TNT beladen ein Frachtflugzeug. Die TNT-Aktie ist im MSCI Europe Small Index enthalten. (Foto: Foto: ddp)

"Viele institutionelle Anleger, die 2003 noch teilweise panisch ihre letzten Aktienpakete auf den Markt schmissen, haben das Thema für sich neu entdeckt", sagt Gero Olbertz, Fondsmanager des DWS Zürich Aktien Europa Select.

2004 schlugen die kleinen und mittelgroßen Titel die großen Werte jedenfalls mit Abstand: Der maßgebliche europäische Aktienindex für Nebenwerte, der MSCI Europe Small Index, sprang vergangenes Jahr um 20,39 Prozent höher. Beim Euro Stoxx 50, der den Kursverlauf von 50 großen Standardwerten in Europa widerspiegelt, betrug das Plus nur 4,30 Prozent.

Profite durch ineffizientere Märkte

Ähnlich sieht es in Deutschland aus: Der Dax, das Kursbarometer für 30 wichtige Standardtitel, legte 7,34 Prozent zu, der Nebenwerte-Index MDax 20,29 Prozent, der Kleinwerteindex SDax sogar 23,96 Prozent. 2005 setzte sich dieser Trend bislang fort: Der Dax verbesserte sich seit Januar um zwei Prozent, bei den Indizes für die kleineren Titel beträgt das Plus zwischen sieben Prozent (MDax) und 13 Prozent (SDax).

Bernd Meyer, Aktienstratege für Europa bei der Deutschen Bank, sieht dafür auch historische Gründe: Noch im Jahr 2000 seien Mid-Cap-Aktien deutlich niedriger bewertet worden als die großen Werte. Dieser Bewertungsabschlag sei nun Schritt für Schritt geschrumpft.

Hinzu kommt ein weiterer Faktor: Aktien großer Unternehmen (Large Caps) mit einem Börsenwert von zehn Milliarden Euro aufwärts werden von 20 bis 30 Analysten verfolgt. Bei Papieren unterhalb einer Milliarde Euro würden dies oft nur fünf Analysten tun. "Damit ist es aber auch erheblich schwieriger, bei den Large-Cap-Aktien einen vernachlässigten attraktiven Titel zu finden. Hier ist der Markt sehr viel effizienter", sagt Meyer.

Auf die Einzelauswahl kommt es an

Genau davon profitierten derzeit die Nebenwerte. Denn da von Konjunktur und Wirtschaft momentan keine klaren Signale für den Markt oder einzelne Branchen kämen, komme es jetzt vor allem auf die Einzelauswahl der Aktien an, glaubt Meyer. Und hier sei "die geringe Effizienz im Segment der Mid-Cap-Aktien von Vorteil".

Daher zeigt sich gerade bei Aktienfonds, die das Geld der Anleger in Nebenwerte investieren, ob ein Fondsmanager daneben gegriffen oder die richtigen Werte herausgefischt hat. Ein gutes Händchen hatte zum Beispiel Gero Olbertz. Der von ihm gemanagte DWS Zürich Aktien Europa Select legte in den vergangenen drei Jahren fast 37 Prozent zu. Das ist fast doppelt so viel wie der Vergleichsindex MSCI Europe Small Cap.

Olbertz kann sich deshalb vor frischem Geld kaum retten. Derzeit stecken mehr als 30 Prozent des Fondsvermögens in der Kasse und nicht in Aktien. "So schnell wie die Mittelzuflüsse hereinkamen, konnten wir nicht genug gute Aktien finden", sagt Olbertz. Außerdem habe sich wegen des gestiegenen Interesses für Nebenwerte die Zahl der unterbewerteten, attraktiven Unternehmen zuletzt verringert.

Mehr als 40 Prozent plus

"Es dauert deshalb einfach länger, gute Werte zu finden", so der Fondsmanager. Derzeit hat er mehr als 18 Prozent des Fondsvermögens in spanische Papiere investiert. Deutsche Werte liegen mit einem Anteil von knapp zehn Prozent hinter Titeln aus Großbritannien (18,2 Prozent) an dritter Stelle.

Noch bessere Ergebnisse kann der Lupus Alpha Smaller Euro Champions vorweisen - mit einer anderen Aktienauswahl. Der Fonds verbesserte sich in den vergangenen drei Jahren um mehr als 40 Prozent. Fondsmanager Helge-Axel Müller hat derzeit niederländische Aktien am stärksten gewichtet.

Makroökonomische Daten spielen für seine Auswahl - genauso wie bei Olbertz - keine Rolle. Die Fondsmanager picken sich aus einem Universum von etwa 3500 Unternehmen die Gesellschaften heraus, die sie für besonders attraktiv halten.

Auch für 2005 "sehr gute Wertentwicklung" erwartet

Dass dabei Erfolg und Misserfolg nah beieinander liegen können, zeigt ein Blick auf die Rangliste des Fondsanalyse-Unternehmens Feri Trust: Der Axxion Akrobat Fund Europa gewann binnen drei Jahren satte 90,38 Prozent an Wert, in den letzten sechs Monaten schnitt er aber mit einem Plus von 7,72 Prozent deutlich schlechter ab als viele Konkurrenten.

Der Fonds engagiert sich vor allem in Aktien von Unternehmen, die vor Übernahmen stehen oder bei denen es zu Abfindungen kleinerer Aktionärsgruppen durch Großaktionäre (Squeeze-Out) kommt - mit entsprechend hohen Chancen und Risiken.

Ob sich die positive Entwicklung der europäischen Nebenwerte in diesem Jahr in gleichem Ausmaß fortsetzt wie 2004 ist allerdings fraglich. DWS-Fondsmanager Olbertz erwartet 2005 "keine grundsätzlich bessere Performance der Small Caps im Vergleich zu den Large Caps". Um so mehr komme es auf die Einzelauswahl an.

Lupus-Alpha-Fondsmanager Müller glaubt zwar, dass die Nebenwerte auf Grund ihrer höheren Ertragsdynamik auch 2005 "eine sehr gute Wertentwicklung schaffen". Er hält aber nichts davon, die Kursgewinne der ersten beiden Monate auf das ganze Jahr hochzurechnen. "Da wären wir bei einem Plus von vielleicht 60 Prozent. Damit zu rechnen, ist einfach nicht seriös."

© SZ vom 1.3.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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