EU-Zwischenzeugnisse:Musterschüler Slowenien und Klassenletzter Polen

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Grundsätzlich sind die zehn der EU zum 1. Mai 2004 beitretenden Länder gut vorbereitet. Doch im Detail gibt es noch dringend Nachbesserungsbedarf. Nun gab es von der Kommission Zwischenzeugnisse für die Beitrittskandidaten.

In ihren am Mittwoch in Brüssel veröffentlichen Fortschrittsberichten nennt die EU-Kommisson fast 40 Bereiche, bei denen der Stand der Vorbereitungen Anlass zu "ernsten Bedenken" gebe.

Angeführt wird diese Negativliste von Polen mit neun besonders schweren Mängeln, während die Kommission in Slowenien nur in einem Bereich besonders dringlichen Handlungsbedarf sieht.

Auf Lorbeeren ausruhen darf sich allerdings niemand. Denn in allen zehn Ländern sieht die Kommission noch die Notwendigkeit zu "verstärkten Anstrengungen" in den nächsten sechs Monaten.

Musterschüler Slowenien

SLOWENIEN ist nach Einschätzung der Kommission der Musterschüler unter den Beitrittsländern. Ernste Einschränkungen sieht die Behörde nur hinsichtlich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer, weil slowenisches Arbeitsrecht die EU-Normen zur gegenseitigen Anerkennung von Berufsabschlüssen bislang nicht erfüllt.

Damit haben allerdings fast alle Beitrittsländer noch Probleme. Das gilt auch für die Bereiche, bei denen sich Slowenien noch "verstärkt anstrengen" soll, so bei der Gewährung der Niederlassungsfreiheit, beim Kampf gegen Betrug und Korruption oder beim Schutz geistigen Eigentums.

Schlusslicht Polen

Das Schlusslicht der Brüsseler Mängelliste mit neun besonders deutlichen Problemen ist POLEN, wo in den vergangenen zwölf Monaten der Reformkurs nahezu zum Stillstand gekommen sei. Gleich in neun Bereichen hat die Kommission ernste Bedenken angemeldet.

Neben der Anerkennung von Berufsabschlüssen gilt dies unter anderem für die Kontrolle der Lebensmittelsicherheit und eine entsprechende Modernisierung der Betriebe, die Überwachung übertragbarer Tier- und Pflanzenkrankheiten wie der Rinderseuche BSE und der Kartoffelfäule.

Wie die meisten Beitrittsländer liegt auch Polen noch mit dem Aufbau der für die Zahlung der EU-Agrarbeihilfen notwendigen Infrastruktur zurück.

Im Mittelfeld liegen die anderen Beitrittsländer: Estland, Lettland, Litauen, Tschechien, die Slowakei und Ungarn sowie Malta und Zypern. Dabei schneiden die Baltenstaaten besser ab als die anderen.

Außer bei der Anerkennung der beruflichen Qualifikationen und der Gleichstellung der Geschlechter im Beruf hat die Kommission in ESTLAND keinen dringlichen Reformbedarf festgestellt.

Grosses Mittelfeld

LITAUEN soll besonders die Kontrolle der Fischereiwirtschaft verbessern. In LETTLAND werden unter anderem Mängel bei der Überwachung übertragbarer Tierkrankheiten sowie mangelhafte Steuer- und Zollvorschriften kritisiert.

In TSCHECHIEN, der SLOWAKEI und UNGARN werden insbesondere mehr Fortschritte bei der Einhaltung der Standards für die Lebensmittelhygiene angemahnt. Tschechien soll die Vorschriften für den Straßengüterverkehr anpassen. In der slowakischen Lebensmittelproduktion wird der Modernisierungsstand in der Verarbeitung bemängelt, in Ungarn die Kontrolle der öffentlichen Finanzen.

Unter den beiden beitretenden Mittelmeerstaaten hat vor allem MALTA Bedarf an schnellen Reformen. Dazu zählt die Kommission die Anpassung der Werftenpolitik an die EU-Wettbewerbsvorschriften und die Vorschriften im Lebensmittelrecht.

Malta und ZYPERN gemeinsam liegen beim Aufbau der Infrastruktur für die Agrarbeihilfen noch deutlich zurück und sollen zudem dringend ihre Vorschriften über die Sicherheit auf See nachbessern.

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