EU-Stabilitätspakt:EZB-Ratsmitglied fordert strikte Umsetzung

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Der luxemburgische Notenbankpräsident Yves Mersch hat Politikerkritik am Kurs der Europäischen Zentralbank (EZB) zurückgewiesen - darunter auch den Vorwurf, Deutschland erbringe ein "Stabilitätsopfer".

In einem Gespräch mit der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX wies der luxemburgische Notenbankpräsident zudem Kritik aus der Politik am Kurs der Europäischen Zentralbank (EZB) zurück. Dabei wandte er sich auch gegen den Vorwurf, Deutschland erbringe ein "Stabilitätsopfer".

Die Euro-Skulptur vor der Europäischen Zentralbank in Frankfurt. (Foto: Foto: AP)

"Es geht jetzt darum, diesen neuen Stabilitätspakt so strikt wie möglich umzusetzen und sich an das Regelwerk zu halten", sagte Mersch. Die EZB bedaure zwar, dass der Pakt den Ländern mit seinen Ausnahmeregeln mehr Spielraum für die Neuverschuldung gebe.

Schutzmechanismus für kleinere Länder

"Wir glauben aber, dass es keinen Sinn macht, ewig mit der Vergangenheit zu hadern", sagte Mersch. Das vor allem auf Drängen Deutschlands und Frankreichs aufgeweichte Regelwerk sei immer noch besser als gar keines. "Wir wissen in unserem Land aus Erfahrung, dass ein Regelwerk kleinere Länder gegenüber der Willkür der großen schützt."

Defizitsünder Deutschland drohen auch unter dem neuen Pakt angesichts der anhaltend hohen Neuverschuldung verschärfte Auflagen beim Haushalt durch die Europäische Union.

Zu der vom Eurogruppen-Vorsitzenden Jean-Claude Juncker vorgetragenen Forderung der EU-Finanzminister nach einer besseren Abstimmung der Finanz- und Geldpolitik sagte Mersch: "Er könnte öfter nach Frankfurt (zu den Sitzungen des EZB-Rats) kommen. Er wird jedes Mal eingeladen, erscheint aber nicht immer."

Auch Kritik aus dem EU-Parlament - das den EZB-Jahresbericht für 2004 ablehnte und der Zentralbank vorwarf, zu wenig Augenmerk auf Wirtschaftswachstum und zu viel auf Preisstabilität zu legen - wies Mersch zurück. "Inflation ist antisozial. Sie trifft die Schwächsten am meisten", sagte der Währungshüter. "Wir müssen noch besser erklären, dass Stabilitätspolitik ein nachhaltiger Beitrag zum Wachstum ist und kein Antagonismus zwischen beiden besteht."

Deutscher Wettbewerbsvorteil

Mersch wies auch den Vorwurf zurück, die Realzinsen seien für Deutschland zu hoch. Die Zinspolitik werde für die gesamte Eurozone gemacht. Seit Einführung des Euro habe sich die preisliche Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands gegenüber dem Euroraum erhöht.

"Deutschland hat sich einen Preisvorteil erschaffen, der zum Teil über 20 Prozent beträgt gegenüber anderen Ländern", sagte Mersch. Dies werde früher oder später in höheres Wachstum münden. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement hatte dagegen kritisiert, Deutschland erbringe ein "Stabilitätsopfer" und die EZB indirekt aufgefordert, ihre Zinspolitik stärker an Deutschland auszurichten.

Wegen der unterdurchschnittlichen Inflation liegt der reale Zins in Deutschland über dem vieler anderer Euroländer.

Kein Automatismus bei Direktorenbesetzung

Das EZB-Ratsmitglied sprach sich dagegen aus, bei der Nachfolge für den im Mai 2006 aus dem Direktorium der Notenbank ausscheidenden Otmar Issing von vornherein wieder auf einen Deutschen zu setzen.

"Halten wir uns an den Vertrag. Es gibt keinen Automatismus. Der gemäß den Kriterien des EG-Vertrages beste Kandidat soll erfolgreich sein", sagte Mersch. Er räumte aber ein: "Als Luxemburger bin ich auch ein Realist."

Bisher waren im sechsköpfigen Direktorium zumeist die drei großen Länder Deutschland, Frankreich und Italien vertreten. Der EZB-Rat wird bei dieser Personalentscheidung angehört. Das letzte Wort haben die EU-Staats- und Regierungschefs.

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