EU-Sanktionen bestätigt:Schwere Niederlage für Microsoft

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Der Europäische Gerichtshof hat die EU-Sanktionen im Kartellstreit mit Microsoft bestätigt. Der US-Konzern muss in Europa eine Windows-Version ohne Media Player anbieten und Software offen legen.

Von Walter Ludsteck

Was der Microsoft-Konzern in den USA vermeiden konnte, droht ihm jetzt in Europa. Erstmals muss der weltgrößte Software-Hersteller aufgrund rechtlicher Sanktionen sein Computer-Betriebssystem Windows ändern.

Microsoft muss eine Version von Windows ohne Media Player anbieten. (Foto: Foto: ddp)

Der Europäische Gerichtshof (EugH) in Luxemburg hat den Antrag auf einstweilige Verfügung, mit dem Microsoft diese Auflagen der EU-Kommission stoppen wollte, zurückgewiesen. Der Konzern muss deshalb eine Windows-Version ohne das jetzt integrierte Musik- und Video-Abspielprogramm Media Player anbieten.

Größere Auswahl für Verbraucher

Die EU-Kommission begrüßte den Luxemburger Beschluss. Er belebe die Innovationen und verschaffe den Verbrauchern eine größere Auswahl.

Microsoft sicherte zu, dass das Unternehmen der Gerichtsentscheidung unverzüglich nachkommen wird. Brad Smith, Chefjurist des Konzerns, erklärte in einer Telefonkonferenz, dass das Unternehmen bereits eine "abgespeckte" Windows-Version vorbereitet habe.

Abgespeckte Windows-Version kommt im Februar

Nach weiteren Tests werde diese wohl im Februar auf den Markt gebracht - wahrscheinlich zum Preis des jetzigen Windows-Systems.

Ob Microsoft gegen die jetzige Entscheidung Berufung einlegen wird, ist laut Smith noch nicht entschieden. Man habe zwei Monate Zeit dafür.

Trotz der Ablehnung der einstweiligen Verfügung, sieht der Chefjurist Grund zu Optimismus. Das Gericht habe wichtige Argumente des Unternehmens anerkannt. Man könne das Hauptverfahren gewinnen.

Microsoft hofft auf außergerichtlichen Vergleich

Microsoft betonte vor diesem Hintergrund, dass der Konzern weiterhin auf eine außergerichtliche Einigung mit der Brüsseler Behörde hofft. Die EU-Kommission erklärte auf Fragen zu einem möglichen Vergleich, es gebe derzeit keine Verhandlungen darüber.

Der jetzige Richterspruch stellt die vorläufig letzte Runde im Kartellstreit zwischen EU-Kommission und Microsoft dar.

Die Kommission hatte im März ein Rekord-Bußgeld von 497 Millionen Euro verhängt, das mit dem Missbrauch der Monopolstellung Microsofts bei PC-Betriebssystemen begründet wurde. Der Konzern hat bereits unter Vorbehalt gezahlt.

Technische Auflagen

Zugleich wurden technische Auflagen angeordnet: Microsoft soll Software-Protokolle offen legen, um bei Servercomputern ein nahtloses Zusammenwirken mit Konkurrenzprodukten zu ermöglichen. Außerdem soll der Konzern Windows und Media Player auch getrennt verkaufen.

Gegen die Brüsseler Sanktionen hat der Konzern beim EuGH grundsätzliche Berufung eingelegt. Zudem wurde beantragt, die Auflagen durch eine einstweilige Verfügung bis zur endgültigen Gerichtsentscheidung auszusetzen.

EuGH: "Kein schwerer und irreparabler Schaden"

Der EuGH hat diesen Antrag nun zurückgewiesen. Die vorgelegten Beweismittel reichten nicht aus, um glaubhaft zu machen, dass Microsoft durch den Vollzug der Auflagen ein "schwerer und irreparabler Schaden" entstehen kann.

Der Präsident des Gerichts erster Instanz, Bo Vesterdorf, macht zwar deutlich, dass er einige Argumente Microsofts für begründet hält, die für eine einstweilige Verfügung nötige Dringlichkeit sei aber nicht gegeben.

© SZ vom 23.12.04 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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