EU: Finanzprodukthandel:Kampf gegen "Massenvernichtungswaffen"

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In der Finanzwelt haben Zocker freie Bahn. Jetzt aber will die EU Investoren bändigen, die "nicht so gerne im Tageslicht arbeiten".

Großinvestor Warren Buffett nannte Derivate die "Massenvernichtungswaffen" der Finanzmärkte. Es sind Finanzinstrumente, mit denen Investoren, sich gegen Kursschwankungen absichern können - mit denen es sich aber auch prächtig wetten und sepkulieren lässt.

"Wir müssen sicherstellen, dass diejenigen zur Verantwortung gezogen werden, die mit diesen Papieren handeln." (Foto: Foto: dpa)

Die EU-Kommission sagt nun dem Handel mit Derivaten und Kreditausfallversicherungen den Kampf an. Finanzkommissar Michel Barnier will dazu neue Gesetze vorschlagen, sagte er vor einem Treffen der Eurogruppen-Finanzminister in Brüssel.

Erwogen würden Strafen für einen Missbrauch in den bislang weitgehend unregulierten Märkten. Transparenter soll der Markt durch eine Registrierungspflicht werden. "Wir möchten verstehen, was da läuft", sagte er mit Blick auf den Handel mit Kreditausfallversicherungen (CDS).

"Arbeiten nicht so gerne im Tageslicht"

Die Wetten mit CDS auf eine Staatspleite Griechenlands haben nach den Worten zahlreicher Politiker erheblich zur Euro-Krise beigetragen. "Wir müssen sicherstellen, dass diejenigen zur Verantwortung gezogen werden, die mit diesen Papieren handeln", sagte Barnier. "Das sind Leute, die nicht so gerne im Tageslicht arbeiten."

Im Oktober werde er konkrete Gesetzesvorschläge vorlegen. Um künftig ein hektisches Krisenmanagement wie zur Zeit zu vermeiden, plant der Kommissar einen europäischen Vorsorgefonds. "Wir müssen dafür sorgen, dass der Steuerzahler nicht mehr als erster auf den Plan treten muss", sagte er unter Bezug auf den gerade aufgespannten Euro-Rettungsschirm im Volumen von 750 Milliarden Euro.

Wirtschaftsminister lehnt Transaktionssteuer ab

Die Finanzminister der 16 Euro-Staaten wollten am Nachmittag über das weitere Vorgehen zur Stabilisierung des Euro beraten, der am Montag zwischenzeitlich auf 1,224 Dollar und damit den tiefsten Stand seit vier Jahren gestürzt war.

Zu dem Treffen wird auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erwartet. Bei der Krisensitzung vor acht Tagen musste er sich noch wegen einer Erkrankung von Innenminister Thomas de Maizière (CDU) vertreten lassen.

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle hat unterdessen weiter erhebliche Vorbehalte gegen die Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Die Gefahr sei, dass wieder nur eine "Illusionslösung" getroffen werde, sagte der Minister.

Eine Finanztransaktionssteuer löse das Kernproblem des Euro nicht und sei allenfalls sinnvoll, wenn sie weltweit eingeführt werde. Wenn etwa eine Umsatzsteuer auf Finanzdienstleistungen und so auch auf Überweisungen von Rentnern erhoben werde, führe dies zwar zu zusätzlichen Steuereinnahmen.

"Aber das Kernproblem der Neustrukturierung und der Haftungszuordnung wäre nicht gelöst", fügte der Minister hinzu.

"Man muss darauf achten, dass man nicht Gefahr läuft, kurzfristige Lösungen anzupacken, die im Kern keine echten Lösungen sind, sondern nur die Stimmung temporär beruhigen."

Eine echte Lösung müsse an der Struktur des Euro ansetzen. Hier habe es Versäumnisse gegeben, die korrigiert werden müssten, sagte der FDP-Politiker. Eine Möglichkeit seien etwa die Vorschläge des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu einer geordneten Insolvenz von Staaten.

Die Regierungskoalition in Berlin strebt eine Bankenabgabe und eine Steuer auf Bankengewinne und Boni an. Allerdings mehren sich auch in der Koalition die Stimmen für eine Transaktionssteuer, die von der Opposition und Gewerkschaften gefordert wird.

So nannte es der Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion Peter Altmeier in der "Süddeutschen Zeitung" denkbar, einer entsprechenden Forderung der SPD entgegenzukommen.

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