EU-Finanzminister:Manager am Pranger

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Massive Empörung: Die EU-Finanzminister wollen "skandalöse Tendenzen" bei so genannten goldenen Handschlägen nicht länger hinnehmen - und schließen die Besteuerung von Abfindungszahlungen nicht länger aus.

Die Finanzminister der Euro-Länder sind ihrem Sprecher Jean-Claude Juncker zufolge empört über unverhältnismäßig hohe Managergehälter in Unternehmen. In mehreren Mitgliedsstaaten seien "skandalöse Tendenzen", vor allem bei Abfindungen, zu beobachten, sagte Juncker am Dienstag in Brüssel nach dem Treffen der Minister.

Wendelin Wiedeking: Der Porsche-Chef hat im vergangenen Geschäftsjahr angeblich 60 Millionen Euro kassiert. (Foto: Foto: AP)

Juncker fordert internationales Vorgehen

Den Bürgern seien Aufrufe zur Lohnmäßigung als Antwort auf die steigende Inflation nicht zu vermitteln, wenn diese Exzesse nicht gleichzeitig angesprochen würden. Die meisten Finanzminister wollten nicht länger hinnehmen, dass hohe Abfindungszahlungen gefeuerter Unternehmenslenker auch noch von den Firmen steuerlich abgesetzt werden könnten. Es gelte zu überlegen, welche Möglichkeiten es gibt, dem entgegenzuwirken. Zudem könnten hohe Abfindungszahlungen künftig besteuert werden.

Es sei nicht akzeptabel, dass einige Manager das Unternehmen mit einem "Goldenen Handschlag" verließen, der in keinem Verhältnis stehe zu den erbrachten Leistungen. Juncker forderte ein internationales Vorgehen, dem die EU ein Beispiel geben könnte. Über Änderungen von Steuergesetzen wollen die Minister auch im EU-Finanzministerrat beraten.

Die Mitgliedsländer der Eurozone waren aufgefordert, der EU-Kommission Konzepte vorzulegen, wie gegen überhöhte Bezüge und Abfindungen von Managern vorgegangen werden könnte. Nach einem Vorschlag der SPD sollen Vorstandsgehälter und -abfindungen von den Firmen nur noch bis zu einer Höhe von einer Million Euro pro Person komplett von der Steuer abzugsfähig sein. Darüber hinaus gehende Vergütungen sollen dann noch zu 50 Prozent steuerlich geltend gemacht werden können. Eine gesetzliche Obergrenze für Managergehälter strebt die SPD nicht an. In den Niederlanden werden Abfindungen bereits mit 30 Prozent besteuert, wenn das Jahresgehalt des Betroffenen 500.000 Euro übersteigt und die Abfindung höher ausfällt als ein Jahresgehalt.

Ausgelöst worden war die Gehaltsdiskussion im vergangenen Herbst unter anderem durch Porsche-Chef Wendelin Wiedeking. Er soll im zurückliegenden Geschäftsjahr rund 60 Millionen Euro verdient haben. Bei Daimler sollen die Vorstandsgehälter im vergangenen Jahr um mehr als 45 Prozent gestiegen sein.

Die Tarifparteien rief Juncker einmal mehr auf, mit den Lohnerhöhungen nicht zu überziehen. Jede Anhebung, die über den Anstieg der Produktivität hinausgehe, werde die Teuerung nur weiter antreiben. Die Inflationsrate hatte im März im Euro-Raum, getrieben von steigenden Öl- und Nahrungsmittelpreisen mit 3,6 Prozent einen Höchststand erreicht und sich im April nur leicht abgeschwächt. Die Europäische Zentralbank sieht Preisstabilität bei einem Auftrieb von weniger als zwei Prozent gesichert. "Die Inflation ist die Hauptsorge", sagte Juncker.

Teuerungsrate steigt an

Die EU-Kommission prognostiziert für dieses Jahr einen sprunghaften Anstieg der Teuerungsrate auf durchschnittlich 3,2 Prozent nach 2,1 Prozent 2007. EU-Währungskommissar Joaquin Almunia betonte, dass die Inflation die Bevölkerungsschichten mit dem geringsten Einkommen am härtesten treffe. So weit es die Haushaltslage erlaube, könnten die Regierungen Schritte zur Entlastung der Geringverdiener beschließen. Ansonsten sind weitere Reformen der Arbeitsmärkte und des Dienstleistungssektors nach Ansicht der Minister das richtige Mittel gegen den Preisanstieg. Die Mitgliedsländer sollten außerdem die indirekten Steuern und Gebühren nicht erhöhen.

Das Wachstum im Euro-Raum wird nach Einschätzung der Minister durch die Finanzkrise und die Flaute in den USA zwar gebremst, aber nicht gestoppt. Die Euro-Länder teilen die Prognose der EU-Kommission. In der Euro-Zone wird sich das Wachstum nach Prognose der EU-Kommission von 2,6 Prozent im vergangenen Jahr auf 1,7 Prozent in diesem und 1,5 Prozent 2009 verlangsamen. Almunia sagte, die von der US-Hypothekenkrise geplagten Banken seien inzwischen zuversichtlicher eingestellt als noch im März, als die US-Investmentbank Bear Stearns vor dem Aus gerettet werden musste. Doch für Entwarnung sei es noch zu früh.

© sueddeutsche.de/Reuters/AFP/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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