EU droht Microsoft:Monti empfiehlt die harte Gangart

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EU-Wettbewerbskommissar Monti will eine hohe Strafe gegen Microsoft verhängen, da die Verhandlungen über eine einvernehmliche Lösung gescheitert sind. Der Softwarekonzern wird wohl mindestens 200 Millionen Euro zahlen müssen.

Von Alexander Hagelüken

Microsoft-Chef Steve Ballmer hatte seit Dienstag mit Monti um eine Einigung in letzter Minute gerungen, um einen EU-Beschluss zu verhindern. Einen solchen Rechtsakt fürchtet das Unternehmen, weil Konkurrenten auf dieser Basis in den USA Zivilklagen erheben könnten, hieß es in Brüssel.

EU-Kommissar Mario Monti will sich diesmal gegenüber Microsoft unerbittlich zeigen. (Foto: Foto: AP)

Dennoch war im Milliardenpoker zwischen den Kontrahenten keine Einigung möglich. Trotz konstruktiver Gespräche "musste ich die Lösung wählen, die für Wettbewerb und Verbraucher in Europa am besten ist", sagte Monti nach dem Abbruch dreitägiger Verhandlungen.

Gegen Monopole

Beide Seiten wollten sich an einem zentralen Punkt nicht bewegen. Dabei geht es um die Strategie des Unternehmens, sein weltweit dominierendes Betriebssystem Windows mit Anwendungen wie einem Multimedia-Player zum Abspielen von Musik und Videos auf dem Computer zu kombinieren.

Nach Ansicht Montis führt dies dazu, dass Kunden grundsätzlich auch den Microsoft-Player wählen und Konkurrenzprodukte wie der RealPlayer von RealNetworks auf Dauer keine Chance haben.

Weil Microsoft Windows in Zukunft mit immer mehr lukrativen Produkten koppeln wolle, geht es für Monti um eine Grundsatzfrage. Er will verhindern, dass auf einem milliardenschweren Softwaremarkt nach dem anderen eine Art Monopol für Microsoft entsteht und die Verbraucher nach der marktwirtschaftlichen Lehre mit höheren Preisen bezahlen müssten.

Microsoft bislang unbeweglich

Microsoft war dem Vernehmen nach nicht bereit, einem Verkauf von Windows ohne Multimedia-Player zuzustimmen. CEO Steve Ballmer sei auch gegen eine dauerhafte Koppelung des Betriebssystems mit Produkten der Konkurrenz, die Monti auch für künftige Anwendungen vorschwebt.

Deshalb will Monti seinen Kollegen in der Kommission nach fünfjahrigen Untersuchungen kommenden Mittwoch vorschlagen, die bisher höchste EU-Strafe wegen Wettbewerbsverstößen zu verhängen. Bisheriger Rekord waren 75 Millionen Euro. Microsoft muss wahrscheinlich mindestens 200 Millionen Euro zahlen.

Mehr Freiheit für die Konkurrenz

Stärker dürfte den Konzern treffen, dass Monti Microsofts Software-Konkurrenten höhere Chancen einräumen will, entweder durch eine Trennung von Windows und Microsoft-Anwendungen oder durch eine verpflichtende Koppelung von Windows mit Anwendungen anderer Unternehmen.

Zwischen EU und Microsoft zuletzt kaum noch umstritten war dagegen, dass der US-Konzern für eine bessere Kompatibilität von Windows mit der Konkurrenten-Software für Server sorgen soll, die PC in Unternehmensnetzen steuern. In den Vereinigten Staaten ist Microsoft bereits wegen Wettbewerbsverstößen bestraft worden.

"Die Entscheidung der EU-Kommission wird ein erster Schritt sein, um das Vertrauen der Verbraucher und Innovationen in vielen Märkten wiederherzustellen", sagte Ed Black vom Branchenverband CCIA, in dem zahlreiche Microsoft-Konkurrenten vertreten sind.

"Das wettbewerbswidrige Verhalten von Microsoft in diesem Fall ist nur die Spitze des Eisbergs". Nun könne sich die Kommission mit größerer Geschwindigkeit anderen Missbräuchen von Microsoft zuwenden, etwa der CCIA-Beschwerde wegen Windows XP.

Ballmer hofft weiter auf Einigung

Microsoft-Chef Ballmer will weiter kämpfen. "Wir haben hart daran gearbeitet, den Fall ohne einen Prozess zu lösen", sagte er. "Ich hoffe, dass wir vielleicht später noch eine Einigung erzielen werden." Microsoft-Anwalt Horacio Gutierrez kündigte an, das Unternehmen werde gegen einen negativen Bescheid vor dem Europäischen Gerichtshof klagen.

"Heute ist nur ein weiterer Schritt in einem Prozess, der sich lange hinziehen könnte", sagte Gutierrez. Der Europäische Gerichtshof hatte Unternehmen in Wettbewerbsfragen in den vergangenen Jahren wiederholt Recht gegeben und Entscheidungen der Kommission aufgehoben.

© SZ vom 19.3.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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