EU-Defizitsünder:Der Club wächst

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Knapp die Hälfte aller 25 Staaten der erweiterten Europäischen Union kämpfen mit überhöhter Neuverschuldung.

Griechenland überschritt nach neuesten Daten der EU-Statistikbehörde Eurostat im vergangenen Jahr mit 3,2 Prozent die Maastrichter Defizit-Obergrenze.

Deshalb wird die EU-Kommission bald ein Strafverfahren mit möglichen Sanktionen eröffnen. Gegen sechs neue EU-Länder will die Behörde wegen überhöhter Neuverschuldung am nächsten Mittwoch Verfahren auf den Weg bringen. Dies sind Polen, Tschechien, die Slowakei, Ungarn, Malta und Zypern.

"Besondere Lage"

Bekannte Defizitsünder sind Deutschland, Frankreich, die Niederlande und Großbritannien. Italien droht die Drei-Prozent-Grenze im laufenden Jahr zu überschreiten. Insgesamt werden 12 Staaten von schweren Haushaltsproblemen gebeutelt.

Die Kommission will den neuen EU-Ländern allerdings keine Fristen zur Haushaltssanierung setzen und nicht mit Sanktionen drohen, da wegen der Erweiterung eine "besondere Lage" bestehe, sagte der Sprecher von EU-Währungskommissar Joaquín Almunia am Freitag in Brüssel.

Neue Zahlen der Regierung in Athen und eine bisher beispiellose Untersuchung der EU-Statistikbehörde Eurostat an Ort und Stelle ergaben für Griechenland das überhöhte Defizit, teilte Eurostat in Luxemburg mit. Im März hatte die Regierung einen Wert von 1,7 Prozent vom BIP angegeben, weit unter der Defizitgrenze von drei Prozent.

Die Haushaltspolitik ist ein wichtiges Thema der Finanzminister- Konferenz von diesem Montag an. Die Minister werden über den von der Kommission vorgeschlagenen "Blauen Brief" für Italien beraten. Dabei wird Streit erwartet, da Rom die Defizit-Frühwarnung bereits als unberechtigt zurückgewiesen hatte.

Diplomaten berichteten, möglicherweise werde die Entscheidung vertagt. "Es gibt verschiedene Optionen." Deutschland hatte 2002 die Zustellung eines "Blauen Briefs" mit Selbstverpflichtungen verhindert, die dann aber nicht eingehalten wurden. Die Kommission erwartet für Italien im laufenden Jahr einen Wert von 3,2 Prozent vom BIP.

Die Kommission hatte erst vor eineinhalb Wochen gegen die Niederlande und gegen das nicht zur Euro-Zone gehörende Großbritannien Defizit-Verfahren eröffnet, da beide Länder im vergangenen Jahr eine Neuverschuldung von 3,2 Prozent vom BIP hatten.

Auch über diese Prozeduren dürften die obersten Kassenhüter in der nächsten Woche sprechen; es stehen dazu aber keine konkreten Entscheidungen an. Die Strafverfahren gegen die Defizitsünder Deutschland und Frankreich waren vor knapp sechs Monaten gegen Sparzusagen beider Länder auf Eis gelegt worden.

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