Essers poetische Schlussworte:"Herr, ich lasse ja das Klagen"

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Der Ex-Mannesmann-Chef hat im Untreue-Prozess jede Schuld von sich gewiesen. Er setzte ganz auf Emotionen und zitierte ein Gedicht von Eichendorff.

Als der frühere Mannesmann-Chef Esser das Wort ergriff, appellierte er an das Gericht, mit dem Urteil bei seiner öffentlichen Rehabilitierung zu helfen.

"Was ich wollte, liegt zerschlagen" — Schlussworte des Ex-Mannesmann-Chefs. Foto: AP (Foto: N/A)

"Für Mannesmann zu arbeiten, war meine Aufgabe und meine Leidenschaft. Kein falscher Vorwurf kann verletzender sein, als zu sagen, ich hätte nicht loyal für das Unternehmen, seine Aktionäre und die Mitarbeiter gearbeitet", sagte Esser. Er habe sich stets nach den Regeln guter Unternehmensführung gerichtet.

"Und das Herz steht still"

Zum Abschluss seiner Ansprache soll Esser aus einem Gedicht von Joseph von Eichendorff zitiert haben, schreibt das manager-magazin.de. Ein Vertreter des Mannesmann-Großaktionärs Allianz soll Esser die Verse nach der Übernahme gegeben haben:

Was ich wollte, liegt zerschlagen, Herr, ich lasse ja das Klagen, Und das Herz ist still. Nun aber gib auch Kraft zu tragen, Was ich nicht will!

Josef Ackermann hat die Millionenprämien für Manager verteidigt. Die 15,9-Millionen-Euro-Prämie für Mannesmann-Chef Esser sei angesichts der von dem Manager erzielten Wertsteigerung angemessen gewesen.

"Jeder Argwohn von Käuflichkeit und Komplott ist für mich unverständlich", sagte Deutschlands mächtigster Banker am Mittwoch im Düsseldorfer Landgericht.

Untreue-Vorwürfe zurückgewiesen

"Leistung und Erfolg müssen belohnt werden." Er wünsche sich, das dies auch in Zukunft möglich sei, sagte Ackermann.

Auch die anderen Angeklagten wiesen am vorletzten Verhandlungstag den Vorwurf der Untreue in einem besonders schweren Fall oder der Beihilfe dazu entschieden zurück.

Der frühere IG-Metall-Chef Klaus Zwickel beteuerte: "Ich bin absolut sicher, dass keiner der Beteiligten gegen geltendes Recht verstoßen hat."

Der Ex-Aufsichtsratschef von Mannesmann, Joachim Funk, erklärte, er rechne mit einem Freispruch. Dennoch sei das Verfahren eine Zäsur in seinem Leben. "Was bleibt, ist die persönliche Beschädigung in der Öffentlichkeit."

Das Urteil in Deutschlands spektakulärstem Wirtschaftsprozess soll am Donnerstag kommender Woche verkündet werden. Die Staatsanwalt-schaft hatte für die Angeklagten Haftstrafen von bis zu drei Jahren gefordert, alle Verteidiger auf Freispruch plädiert.

Alle Verteidiger verlangen Freispruch

Vor den Schlussworten der Angeklagten hatten alle Verteidiger auf Freispruch für ihre Mandanten plädiert. Esser-Verteidiger Sven Thomas betonte in seinem Schlussplädoyer, der Mannesmann-Chef habe durch sein Handeln während der Übernahmeschlacht mit Vodafone weder das Strafrecht noch das Aktienrecht verletzt.

Die umstrittene Erfolgsprämie in Höhe von 15,9 Millionen Euro für Esser "war aktienrechtlich und ökonomisch richtig", sagte Thomas.

Schließlich hätten die Mannesmann-Aktionäre während der Vorstands-tätigkeit Essers einen Gewinn von 150 Milliarden Euro erzielt und der innere Wert des Unternehmens habe sich nachhaltig um 100 Milliarden Euro erhöht.

Das Aufsichtsratspräsidium habe deshalb mit der Gewährung der Prämie im Rahmen seines unternehmerischen Ermessens gehandelt.

"Verschwörungstheorie"

Die Staatsanwaltschaft, die für Esser zweieinhalb Jahre Haft ohne Bewährung wegen Untreue in einem besonders schweren Fall gefordert hatte, warf der Verteidiger "Verschwörungstheorien" vor. Ihr Vorwurf der Käuflichkeit lasse sich nicht aufrechterhalten.

Insgesamt 17 Zeugen hätten im Prozess ausgesagt, dass der Übernahmekampf längst entschieden gewesen sei, als die Millionen-prämie für Esser vom Großaktionär Hutchison Wamphoa vorgeschlagen worden sei.

"Falsche Beschuldigungen haben kurze Beine", sagte Essers zweiter Anwalt Jürgen Welp.

Die Staatsanwaltschaft wirft Ackermann, Esser, Zwickel und Funk sowie zwei weiteren angeklagten Mannesmann-Mitarbeitern vor, die 180 Milliarden Euro teure Übernahme von Mannesmann durch den Mobilfunk-riesen Vodafone Anfang 2000 genutzt zu haben, um Managern und Ex-Vorständen des Unternehmens ungerechtfertigte Abfindungen in Höhe von fast 60 Millionen Euro zuzuschieben.

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