Es bleibt bei Millionenstrafe:BGH erteilt Haffa-Brüdern eine Abfuhr

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Die EM.TV-Gründer Thomas und Florian Haffa sind vor dem Bundesgerichtshof bei dem Versuch abgeblitzt, ihre Verurteilung wegen Kursmanipulation aufzuheben. Die Brüder bleiben auf ihren Geldstrafen sitzen. Vor allem dürften aber die Chancen von Schadenersatzklagen gegen EM.TV gewachsen sein.

Mit der Entscheidung stellte der BGH erstmals fest, dass sich Unternehmens-Vorstände strafbar machen, wenn sie falsche Umsatzzahlen veröffentlichen.

Die Gestik wurde in den Jahren defensiver, die Mimik strenger: Thomas (links) und Florian Haffa in den Fluren der Justiz. (Foto: Foto: dpa)

Das Gericht verwarf am Donnerstag die Revision der beiden Gründer der Medienfirma EM.TV gegen das Urteil des Landgerichts München I. Nach Ansicht von Experten haben Schadensersatzklagen geprellter Anleger nach dem Karlsruher Grundsatzurteil deutlich bessere Erfolgsaussichten. (Aktenzeichen: 1 StR 420/03 - vom 16. Dezember 2004)

Falsche Umsatzzahlen

Das Landgericht hatte die früheren EM.TV-Vorstände im April 2003 eines Verstoßes gegen das Aktiengesetz für schuldig befunden, weil sie in einem Halbjahresbericht am 24. August 2000 wissentlich falsche Umsatzzahlen veröffentlicht und damit den Aktienkurs nach oben getrieben haben.

Nach der Korrektur der Zahlen am 9. Oktober 2000 war der zunächst rasant gestiegene Kurs eingebrochen. Thomas Haffa muss nun 1,2 Millionen Euro, sein Bruder muss 240.000 Euro Geldstrafe (jeweils 240 Tagessätze) zahlen.

Bislang weithin unbeachtet

Der 1. BGH-Strafsenat bestätigte, dass die Haffa-Brüder sich nach Paragraf 400 Aktiengesetz strafbar gemacht haben. Nach dieser bisher weithin unbeachteten Vorschrift können Vorstände mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden, wenn sie "in Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand" wissentlich falsche Angaben machen.

Der BGH stellte erstmals klar, dass Paragraf 400 auch für Quartalszahlen und Halbjahresberichte gilt, wenn diese "ein Gesamtbild über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens ermöglichen und den Eindruck der Vollständigkeit erwecken", sagte der Senatsvorsitzende Armin Nack bei der Urteilsverkündung.

In der Verhandlung am Dienstag war dies von den Verteidigern Rainer Hamm und Sven Thomas entschieden abgelehnt worden, weil lediglich Angaben zum Umsatz, nicht aber zum "Vermögen" gemacht worden seien.

"Erfolgsaussichten für Schadenersatzklagen gewachsen"

Weil Paragraf 400 nicht nur strafrechtliche Bedeutung hat, sondern zugleich als "Schutzgesetz" zu Gunsten von Anlegern gilt, sieht der Tübinger Anlegeranwalt Andreas Tilp große Erfolgsaussichten für Schadensersatzklagen gegen EM.TV.

Der BGH habe den Angeklagten vorsätzliches Handeln bescheinigt. "Dies ist die Voraussetzung für zivilrechtliche Ansprüche", teilte Tilp mit. Gute Chancen sieht er für Anleger, die "zeitnah" zur Bekanntgabe der falschen Zahlen EM.TV- Aktien gekauft haben - zwischen der Veröffentlichung am 24. August und der Korrektur am 9. Oktober 2000.

Noch nicht abgeschlossen aber aufgeführt

In der umstrittenen Ad-Hoc-Mitteilung ging es um den Einstieg von EM.TV in die Formel-1-Gruppe sowie um einen millionenschweren Lizenzvertrag: Beide Geschäfte waren für das erste Halbjahr 2000 aufgeführt, obwohl sie erst später abgeschlossen und damit noch nicht im Halbjahresbericht hätten aufgeführt werden dürfen.

Der EM.TV-Umsatz hatte sich der Meldung zufolge im Vorjahresvergleich fast verdreifacht. Dem Urteil zufolge sind die Haffa-Brüder intern unter anderem vom damaligen Finanzvorstand rechtzeitig auf den Fehler hingewiesen worden.

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