Erfolgsstory:Der Euro - härter als die Mark

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Der Italiener Tommaso Padoa-Schioppa aus dem Direktorium der Europäischen Zentralbank gilt als einer der Väter des Euro. Im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung zeigt er sich stolz auf den Erfolg der europäischen Gemeinschaftswährung.

Von Helga Einecke

Die Umzugskartons stehen bereit. Der Italiener Tommaso Padoa-Schioppa räumt Ende Mai nach sieben Jahren sein Büro im 34. Stock des Frankfurter Eurotowers.

Mit seinem 65. Geburtstag scheidet der Italiener Tommaso Padoa-Schioppa Ende Mai aus seinem dem Direktorium der Europäischen Zentralbank. (Foto: Foto: Reuters)

Er gilt als einer der Väter des Euro, ist Gründungsmitglied im Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) und fungierte dort als Außenminister und Bankenaufseher. Im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung zeigt er sich stolz auf den Erfolg des Euro, nachdenklich zur Lage in Deutschland, wehmütig über seinen Abschied von Beruf und Berufung.

Am 23. Juli will er seinen 65. Geburtstag nicht groß feiern. Über die Hälfte seines Lebens hat er Geldpolitik gemacht, erst in Italien, Brüssel und dann in Frankfurt. Seine Erfahrungen packte er in mehrere Bücher und will sie auch künftig an Studenten weitergeben, etwa an der Frankfurter Universität. Als besondere Auszeichnung empfindet er ein Foto, das ihn als Hochschullehrer zeigt und in der U-Bahn-Station Frankfurt-Bockenheim öffentlich aushängt.

"Fantastischer Erfolg"

Der Erfolg des Euro steht für Padoa-Schioppa außer Frage. Der Norditaliener zeigt er seine Begeisterung nicht mit Gesten und Emotionen, sondern entspannt sitzend auf seinem blauen Sofa und umgeben von vielen Büchern und ausgewählten Kunstgegenständen.

"Einen fantastischen Erfolg" nennt er das einstige Währungsexperiment. Der Euro sei von Anfang an nie wirklich in Frage gestellt worden, obwohl er die ersten drei Jahre lang parallel zu den ehemaligen nationalen Währungen lief. Es habe keine Skepsis von Bankkunden oder Investoren gegeben, wie es etwa die Hortung alter nationaler Währungen für den Notfall dargestellt hätte.

Dies sei umso erstaunlicher, als einige prominente Ökonomen wie Martin Feldstein bis zum heutigen Tag nicht an den Euro glauben. Das Vertrauen der Menschen in die Währung, bevor es diese überhaupt in Form von Banknoten und Münzen gab, mache 80 Prozent ihres Erfolges aus. Außerdem sei der Euro sehr stabil, zumindest liege die Inflationsrate im Währungsraum niedriger als der durchschnittliche Preisanstieg während der 50-jährigen Existenz der DM.

Die deutsche Angst

Die deutsche Angst vor dem Euro findet Padoa-Schioppa wenig glaubwürdig. Die Deutschen hätten Anfang 2002 ihre DM schneller als andere Nationen in Euro getauscht, überdies habe Deutschland nach der Wiedervereinigung dringend ein breiteres Umfeld für eine stabile Geldpolitik gebraucht.

Sieben Jahre nach dem Start der EZB funktioniere die Währung noch lange nicht reibungslos. Sie sei zwar akzeptiert und verliere nicht übermäßig an Wert. Aber der Geldkreislauf im Euroraum werde noch immer durch nationale Grenzen und Systeme behindert. Kosten und Dauer von Banküberweisungen seien unterschiedlich, Hemmnisse für Zusammenschlüsse bei den Banken hielten an, Fusionen der Börsen gelten als beschwerlicher Prozess.

Padoa-Schioppa zieht Parallelen zur Autoindustrie, deren europäische Aufstellung auch nach Jahrzehnten nicht abgeschlossen ist.

In seiner Domäne, der Bankenaufsicht, plädiert der Fachmann für eine Ansiedlung bei der Zentralbank. Es gebe eine enge Verbindung zwischen Zentralbank und Finanzinstituten, man spreche die gleiche Sprache. Dies sei bei einer separaten Bankenaufsicht wie in Großbritannien, Korea, Japan oder Schweden nicht möglich.

Bei Schwierigkeiten: Neigung zum Modellwechsel

Letztlich könnten aber beide Modelle - eine eigene Behörde für die Aufsicht oder eine Aufsicht durch die Zentralbank - gut oder schlecht funktionieren. Wenn es Schwierigkeiten gebe, wachse in den jeweiligen Ländern die Neigung zu einem Modellwechsel.

Von Deutschland versteht Padoa-Schioppa eine Menge, obwohl er die letzten sieben Jahre viel reiste oder Bücher schrieb. Schon sein Vater arbeitete für die Versicherung Generali in Deutschland. Der Sohn lernte Deutsch in der Schule, machte eine Versicherungslehre in Bremen und Berlin und arbeitete für das deutsch-holländische Bekleidungsunternehmen C&A.

Die Jahre wirtschaftlicher Schwäche mit Stagnation bei Wachstum und Bevölkerung kennt er aus Italien, ebenso wie den Mangel an Vertrauen in die Zukunft. Die Menschen seien sich nicht sicher, ob die nächste Generation ein besseres Leben haben werde.

Seitenhieb auf Deutschland

Anders als in Italien hätten deutsche Firmen ihre Wettbewerbsfähigkeit stark erhöht. Einen kleinen Seitenhieb auf die deutsche Politik kann sich Padoa-Schioppa aber nicht verkneifen. Es sei schon erstaunlich zu erleben, dass der Stabilitätspakt schneller von denjenigen abgewertet werde, die ihn erfunden haben, als von denen, für die er erfunden wurde. Vor dem Start der Währungsunion galten nämlich die Italiener als unsichere Kantonisten stabiler Staatsfinanzen und wurden von Deutschland durch den Stabilitätspakt zum Sparen gezwungen.

© SZ vom 03.05.05 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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