Erfolg für Privatanleger:Gericht verurteilt Argentinien

Lesezeit: 2 min

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat entschieden, dass Argentinien zwei Anlegern Anleihen plus Zinsen zurückzahlen muss. Nur: Die Vollstreckung des Urteils ist schwierig.

Daniela Kuhr

"Das dürfte das erste Urteil eines Oberlandesgerichts in Sachen Argentinienanleihen sein", sagt der Münchner Anwalt Klaus Rotter.

Die Entscheidung habe Auswirkung auf zahlreiche weitere Parallelverfahren, die noch bei Frankfurter Gerichten anhängig seien, teilte das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Dienstag mit.

Argentinien war 2001 in eine schwere wirtschaftliche, soziale und politische Krise gestürzt, der Anteil der Armen an der Gesamtbevölkerung kletterte in dem einst reichen Land auf 50 Prozent.

Im Dezember 2001 teilte Argentinien mit, Schulden bei privaten Geldgebern in Höhe von 95 Milliarden Dollar nicht mehr bedienen zu können. Der Staat erklärte sich Anfang 2002 für zahlungsunfähig und berief sich dabei auf einen Staatsnotstand.

Revision nicht zugelassen

Das OLG Frankfurt kam jetzt zu dem Ergebnis, dass die strengen Anforderungen, die an den Staatsnotstand als Rechtfertigungsgrund zu stellen seien, "nun aus tatsächlichen Gründen nicht mehr vorliegen", heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts.

Da der Staatsnotstand die Zahlungsverpflichtung nicht gekippt, sondern allenfalls ausgesetzt habe, müssten die Anleihen jetzt bedient werden, entschied das OLG (Aktenzeichen: 8 U 107/03).

Die Richter stützten das Urteil auf mehrere Überlegungen. So habe die beklagte Republik Argentinien ihre Schuldenlast im vergangenen Jahr durch ein umfangreiches Umschuldungsverfahren mit den Privatgläubigern erheblich reduzieren können (Stichwort). Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen hätten sich deutlich gebessert.

Argentiniens Bruttoinlandsprodukt habe sich in den vergangenen drei Jahren um jeweils etwa neun Prozent erhöht. Für dieses Jahr sei ein Zuwachs um 6,7 Prozent prognostiziert. Auch die Arbeitslosenquote habe sich von 21,5 Prozent auf jetzt 10,1 Prozent reduziert.

Zum Jahreswechsel 2005 auf 2006 habe Argentinien zudem die offenen Verbindlichkeiten gegenüber dem Internationalen Währungsfonds mit knapp 9,9 Milliarden Dollar vor Ablauf der Fälligkeit aus Devisenreserven der argentinischen Zentralbank zurückzahlen lassen. Deshalb sei es unerheblich, dass der Staat seine Notstandsgesetzgebung bis zum 31. Dezember 2006 verlängert habe, urteilten die Richter.

"Das Urteil zeigt, dass sich eine Klage durchaus lohnen kann", sagt der auf Kapitalanlagerecht spezialisierte Anwalt Klaus Rotter. Problematisch bleibe aber die Vollstreckung. "Die Anleger werden hier einen langen Atem benötigen", sagt der Jurist.

So habe er beispielsweise einmal ein argentinisches Schiff sicherstellen lassen wollen, das in einem deutschen Hafen lag. Doch das Gericht habe - etwas vereinfacht ausgedrückt - den Antrag abgelehnt, weil der Staat Argentinien angeblich Immunität genieße, sagt Rotter.

Er hofft auf anderem Weg zum Ziel zu kommen. Allein seine Kanzlei habe in Frankfurt diverse Klagen laufen, zudem gebe es in den USA eine Sammelklage in Sachen Argentinien-Anleihen, bei der es um 3,5 Milliarden Dollar gehe.

"Ich vermute, dass Argentinien irgendwann mürbe wird und die restlichen renitenten Anleger entschädigt", sagt der Anwalt, "das allerdings kann durchaus noch zehn Jahre dauern."

Eine Revision gegen das Urteil ließ das OLG nicht zu. Argentinien hat nun aber einen Monat Zeit, beim Bundesgerichtshof Beschwerde einzulegen. Erst dann ist das Urteil endgültig rechtskräftig.

© SZ vom 14.6.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: