Epigenomics:"Das geringste Interesse, das ich je erlebt habe"

Lesezeit: 2 min

Am Freitag sollen die Papiere des Berliner Biotech-Unternehmens erstmals an der Börse gehandelt werden. Nur: Kaum einer will sie haben — zumindest nicht zu dem geforderten Preis.

Von Kristina Läsker

Mit Skepsis beurteilen Marktteilnehmer den für Ende der Woche geplanten Börsengang von Epigenomics. Es gebe kaum Nachfrage nach den Papieren des Biotechnologie-Unternehmens, sagte Björn Fromkorth vom Wertpapierhaus Lang&Schwarz. "Das ist das geringste Interesse, das ich je bei einer Neuemission erlebt habe", sagte er.

Auch bei Schnigge, dem zweiten vorbörslich handelnden Broker, ist die Resonanz gering. Die Kaufpreise lägen nach wie vor unter der geforderten Preisspanne von 11,90 bis 14,50 Euro, sagte Chefhändler Florian Weber.

Attraktiv — aber zu teuer

Die Aktie des Berliner Unternehmens soll am Freitag erstmals an der Frankfurter Börse gehandelt werden. Die Zeichnungsfrist für die bis zu 4,62 Millionen Aktien endete für Privatanleger an diesem Mittwoch mit Börsenschluss. Institutionelle Anleger können bis Donnerstag, 11 Uhr zeichnen.

Investoren hatten in den vergangenen Tagen bemängelt, dass die Preisspanne für das ansonsten attraktive Unternehmen zu hoch läge. Sie unterstellt einen Börsenwert zwischen 190 und 232 Millionen Euro. "Man muss sich fragen, ob ein Unternehmenswert über 200 Millionen Euro gerechtfertigt ist", kritisierte auch Lang&Schwarz-Händler Fromkorth.

Die mit Wagniskapital finanzierte Firma hat im vergangenen Jahr 10,8 Millionen Euro umgesetzt - und dabei einen Verlust von 6,7 Millionen Euro gemacht. Die Kritik an den zu teuren Aktien teilen einige Fondsgesellschaften.

"Die Preisspanne ist sehr ambitioniert", sagte Nicole Körtge, Fondsmanagerin bei der Investmentfondsgesellschaft DIT. Geeignet seien die Papiere von Epigenomics nur für "Anleger mit langem Atem". Fromkorth beurteilt die Aktie als risikoreich: "Nichts für konservative Kleinanleger."

Die Emissionsbanken Morgan Stanley und DZ Bank wollten den Verlauf der Zeichnung nicht kommentieren. Morgan Stanley hatte sich kürzlich "sehr zuversichtlich" geäußert.

"Zeitpunkt und Preisspanne sind richtig", verteidigte sich ein Epigenomics-Sprecher gegen die Vorwürfe der Investoren. Er warf den deutschen Anlegern vor, das Potenzial der Biotech-Firma nicht richtig einzuschätzen. "Im Ausland versteht man unser Business besser."

Die Berliner Firma entwickelt Verfahren, um Erbgut frühzeitig auf Krankheiten wie Krebs testen zu können. Analysten erwarten, dass die Firma die Gewinnschwelle im Jahr 2008 erreicht "Damit liegen sie nicht falsch", bestätigte der Sprecher.

Gewinne ab 2008 — vielleicht

Am Dienstag hatte es Gerüchte gegeben, das Pharma-Unternehmen Roche habe fünf Prozent der Aktien gezeichnet. Durch die Mehrzuteilungsoption ergebe sich eine Beteiligung von 1,4 Prozent.

Weder Roche noch Epigenomics wollten dazu Stellung beziehen. Die Schweizer sind der wichtigste Kooperationspartner von Epigenomics. Der Börsenkandidat arbeitet bei einer Vielzahl seiner Krebsdiagnostik-Produkte mit Roche zusammen.

Epigenomics wäre der vierte Börsengang in Deutschland in diesem Jahr und der erste einer Biotechnologie-Firma seit 2001. "Die Anleger sind kritischer geworden und die Stimmung ist gerade für risikoreiche Aktien schlecht", sagte Händler Fromkorth.

Weil das Interesse fehlte, haben 2004 mit X-Fab, Siltronic und ATU bereits drei Firmen ihren Börsengang in letzter Minute abgesagt. Die Deutsche Postbank musste im Mitte Juni auf Druck der Fondsgesellschaften die Preisspanne für die Aktien senken.

© SZ vom 15.07.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: