Entwicklungspolitik:Wider die Geldverschwendung

Lesezeit: 2 min

Der dänische Forscher Björn Lomborg spaltet Umweltexperten mit eigenwilligen Ansichten.

Von Gerhard Fischer

Etwa 50 Milliarden Dollar werden jährlich weltweit für Entwicklungshilfe ausgegeben. Aber wird das Geld auch sinnvoll eingesetzt?

Renommierte Wissenschaftler werden in dieser Woche auf einer Konferenz in Kopenhagen vorschlagen, wofür man diese Summe am besten ausgibt - gegen den Hunger, gegen Seuchen oder für den Umweltschutz? Die Experten wägen Kosten und Nutzen ab und betrachten nur Probleme, die mit Geld zu lösen sind.

Neue Lösungen für alte Probleme

Der umstrittene dänische Umweltforscher Björn Lomborg und die britische Zeitung The Economist haben vergangenes Jahr das Projekt "Copenhagen Consensus" gegründet. Sie engagierten neun Wissenschaftler, darunter die Ökonomie-Nobelpreisträger Robert Fogel, James Heckman, Douglass North und Vernon Smith.

Dann wurden fünf Schritte festgelegt. Erstens: Man benennt die zehn wichtigsten Probleme der Erde. Ausgewählt wurden - in alphabetischer Folge - Ausbildung, Bevölkerung und Migration, Hunger und Unterernährung, Hygiene und Wasser, Instabilität der Finanzmärkte, Klimaerwärmung, militärische Konflikte, politische Führung und Korruption, Protektionismus, Seuchen.

Zweitens: Die Wissenschaftler erarbeiten Lösungen und fragten zum Beispiel, wie viel es koste, die Zahl der 800 Millionen Hungernden in überschaubarem Zeitraum zu halbieren.

Drittens: Junge Forscher überprüfen diese Konzepte. Viertens: Die Wissenschaftler treffen sich in Kopenhagen und stellen die Ergebnisse vor. Fünftens: Man nimmt Kontakt zu Politikern auf.

"Copenhagen Consensus" hat viele Kritiker. Das liegt nicht in erster Linie daran, dass einige den Ansatz des Projektes als "naiv", "zynisch" oder "zu ökonomisch orientiert" bezeichnen, sondern vor allem am Veranstalter: Björn Lomborg polarisiert, seit er 2001 das Buch "The Skeptical Environmentalist" herausgegeben hat.

Der 39-Jährige Statistik-Professor an der Uni Aarhus und Leiter des dänischen Instituts für Umweltbewertung geißelte die angebliche Hysterie von Umweltorganisationen, die mit einseitigen Daten und verzerrten Darstellungen arbeiteten.

Die Energiereserven, behauptet er, gingen noch lange nicht zu Ende und auch die Luft werde dank neuer Techniken immer besser. Man solle sich deshalb auf anderes konzentrieren: "Für das, was das Kyoto-Abkommen in einem Jahr kostet, können wir allen Menschen der Erde sauberes Wasser und ein Abwassersystem liefern", sagt er. "Damit verhindern wir jährlich zwei Millionen Tote und eine halbe Milliarde ernsthaft Erkrankte."

Protestkonferenz

Manchmal treibt es Lomborg auf die Spitze: Es sei billiger, die Bevölkerung der Malediven oder von Bangladesch zu evakuieren als gegen den klimabedingten Anstieg der Meere zu kämpfen.

Kein Wunder, dass sich Widerstand formiert: Umweltorganisationen, darunter der WWF und Attac Dänemark, haben zu einer Gegenkonferenz nach Kopenhagen eingeladen.

Ihre Fragestellung ist ähnlich der des Umweltaktivisten Lomborg. Aber Teilnehmer wie der UN-Umweltexperte Klaus Töpfer und die EU-Umweltkommissarin Margot Wallström dürften darauf andere Antworten geben.

(SZ vom 24.05.2004)

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: