Enttäuschende Quartalszahlen:"Wir werden das in Ordnung bringen"

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Bahn-Chef Mehdorn hofft auf schwarze Zahlen. Denn der Fernverkehr ist für die Deutsche Bahn zu einem drückenden Problem geworden. Der Umsatz brach hier 2003 ein, das Betriebsergebnis verschlechterte sich um gut eine halbe Milliarde Euro.

Von Ulf Brychcy

Die Fernverkehrsverbindungen mit dem hochmodernen ICE oder dem IC bereiten der Deutschen Bahn (DB) erhebliche Sorgen. Viele Fahrgäste sind hier ausgeblieben, die Kosten wiederum erheblich gestiegen.

(Foto: Foto: dpa)

"Der Fernverkehr ist im vergangenen Jahr eingebrochen", räumte DB-Vorstandschef Mehdorn bei der Bilanzvorlage ein. Das im vergangenen August erneut geänderte Preissystem mit teilweise noch günstigeren Tarifen und die Wiedereinführung der Bahncard50 konnten den Abwärtstrend nicht stoppen.

Der Spartenumsatz verringerte sich um elf Prozent auf 2,99 Milliarden Euro. Das betriebliche Ergebnis nach Zinsen stürzte regelrecht auf minus 461 Millionen Euro ab. Im Jahr 2002 gab es noch einen Gewinn von 57 Millionen Euro.

Billigflieger machen Konkurrenz

Mehdorn machte vor allem die Konkurrenz durch die Billigflieger für die enttäuschende Entwicklung verantwortlich. "Wir hatten aber auch operative Probleme", sagte er und nannte den neuen Europa-Fahrplan und die Eröffnung der Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Köln und Frankfurt/Main.

"Wir waren in der Qualität nicht so gut", stellte der Bahnchef fest und meinte damit die zahlreichen Verspätungen. Damit soll es nun vorbei sein. "Wir denken, dass wir den Fernverkehr wieder in den schwarzen Bereich führen werden", betonte Mehdorn.

Zwar hat das erste Quartal erneut enttäuscht. Im April sei es aber besser gelaufen als im Vorjahresmonat. Nicht zuletzt durch die hohen Benzinpreise würden viele Menschen jetzt wieder weite Strecken mit dem Zug fahren, sagte er.

Skepsis gegenüber Börsengang

Führende Verkehrspolitiker zeigten sich skeptisch. "Das Problem Fernverkehr ist noch nicht gelöst", sagte der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Albert Schmidt. Mehdorn bleibe "wichtige Antworten auf die Frage schuldig, wie er die Verluste durch den Wettbewerbsdruck im Fernverkehr kompensieren will", sagte der Verkehrsexperte der Unionsfraktion, Dirk Fischer.

Beide Politiker kritisierten, dass der Bahnchef die Bilanz für das Jahr 2003 als "wichtigen Schritt zur Kapitalmarktfähigkeit" präsentiert hat. Mehdorn hob vor allem hervor, dass der in Bundesbesitz befindliche Transportriese sein betriebliches Ergebnis nach Zinsen verbessert habe, und zwar von minus 454 auf minus 172 Millionen Euro.

Die Bahn profitierte dabei von der erstmals voll konsolidierten Gütersparte Stinnes. Unter dem Strich habe es dadurch eine Ergebnisverbesserung von 120 Millionen Euro gegeben, sagte Finanzvorstand Diethelm Sack. Der Konzernumsatz wurde durch Stinnes sogar um 50 Prozent auf 28,2 Milliarden Euro katapultiert.

Neue Kredite nötig

Die Verschuldung der DB ist im vergangenen Jahr erneut deutlich auf 27 (Vorjahr: 24,5) Milliarden Euro gestiegen, wobei 12,7 (11) Milliarden Euro als zinspflichtig deklariert werden.

In diesem Jahr will die Konzernführung erneut einen Kredit von 1,1 Milliarden Euro aufnehmen, um dem Bund zinslose Darlehen zurückzahlen zu können. Mit dem Schuldenabbau werde die Bahn erst 2005 beginnen, sagte Sack.

Der Finanzvorstand wies Vorwürfe von Verkehrspolitikern zurück, wonach die DB mit Blick auf den Börsengang künftige Ergebnisse durch hohe Rückstellungen aufbessern wolle. "Das entbehrt jeder sachlichen Grundlage", betonte Sack.

Tatsächlich hat das Unternehmen für 2003 Rückstellungen von 14,7 Milliarden Euro ausgewiesen, davon 3,3 Milliarden Euro für "Übrige Risiken".

Für 2004 Positives Ergebnis geplant

In diesem Jahr werde die DB erstmals aus eigener Kraft ein positives Ergebnis nach Zinsen erzielen, kündigte Mehdorn an. Laut mittelfristiger Planung sollen es gut 300 Millionen Euro sei.

Der Bahnchef sprach erneut davon, dass der von ihm forcierte Börsengang "unverzichtbar" sei: "Aus Sicht der Bahn ist der Zugang zu den Kapitalmärkten für die Zukunftssicherung des Unternehmens unerlässlich."

Der DB-Chef will im Frühjahr 2006 bis zu 25 Prozent an institutionelle Investoren verkaufen und stößt damit bei Verkehrspolitikern aller Bundestagsfraktionen auf erheblichen Widerstand. Umstritten ist vor allem, dass Mehdorn unbedingt mit dem Schienennetz an den Kapitalmarkt will.

Die Bahn leidet ebenfalls unter dem Spardruck der Bundesregierung, sagte der Bahnchef. So würden in den Jahren 2004 bis 2008 für Investitionen in die Schieneinfrastruktur insgesamt 8,5 Milliarden Euro fehlen. "Das führt zu Kapazitätsanpassungen bei der Bahn und bei der Bauwirtschaft", sagte er. Bahnvorstand und Bund stimmen gerade die Investitionsliste ab, die 31 Projekte für den Netzausbau enthält; darunter auch die umstrittene ICE-Strecke zwischen Nürnberg und Erfurt.

© SZ vom 14.05.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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